Immer wieder Gedanken...

[toni_hans]

Hallo,
ich mache seit ein paar Monaten hauptsächlich Raucherentwöhnung in eigener Praxis. Ich bin ganz zufrieden mit den Ergebnissen. Leider kommt es aber immer wieder vor, dass (vorwiegend männliche) Klienten nach der Sitzung berichten, dass sie ihre Gedanken einfach nicht loslassen konnten.
In der Induktion spreche ich das mehrmals an: wenn du noch Gedanken im Kopf hast, überleg mal: wie schaut der nächste Gedanke aus? Oder: wenn dir wieder Gedanken durch den Kopf schwirren, schau einfach auf deine Atmung. Wie sich der Bauch beim Einatmen hebt, und sich beim Ausatmen wieder senkt.
Manche berichten trotzdem anschließend, dass ständig die Gedanken schwirrten, und wie gesagt: interessanterweise meist Männer.

Was habt ihr für Erfahrungen damit bzw. wie geht ihr damit um?

[Lutz]

Hallo zurück,

ich kann meine Gedanken auch nicht loslassen - schon gar nicht, wenn ich darüber nachdenke. 

Warum siehst du in Gedanken ein Problem? Ist es doch überhaupt nicht. Ich sage meinen Klienten vor und manchmal auch in der Sitzung, dass sie während der Hypnose tun könnten, was sie wollen. Sie könnten mir zuhören oder auch nicht und sie könnten währenddessen auch an alles denken, woran sie denken wollen - an ihren Job, ans Saubermachen oder was immer ihnen einfällt. Und sie könnten von mir aus auch ausdrücklich denken: "Was redet der denn da für einen Quatsch?" Damit die Hypnose wirkt, sollten Sie nur eines tun: Dableiben. Dadurch machten sie schon alles richtig. Und wenn sie selbst das nicht tun wollten, könnten sie auch jederzeit gehen, die Türen seien nicht abgeschlossen (bisher ist noch keiner gegangen).

Denk mal an die typische Party-Situation: Du diskutierst mit einem Gast engagiert und laut über das Liebesleben der Wale und trotzdem hörst du, wie jemand hinter deinem Rücken deinen Namen erwähnt, und kriegst automatisch riesige Rhabarberohren. Unbewusste Vorgänge checken im Hintergrund stets, ob da irgendwas Interessantes und Relevantes geschieht oder gesagt wird, auch wenn man mit seinen Gedanken ganz woanders ist.

Und dies gilt auch für die Hypnose. Es kann nicht Aufgabe deines Klienten sein, für "Gedankenstille" zu sorgen, es ist deine Aufgabe, ihm bei der Hypnose etwas Relevantes zu präsentieren - darum geht es. Und wenn das Präsentierte tatsächlich relevant für ihn - genauer: sein Unbewusstes - ist, wird ihn das auch erreichen - auch wenn er gerade sonstwas denkt.

Es gibt ja sogar Techniken, bei denen der Klient denken soll - und zwar etwas ganz anderes, als was das Unbewusste gleichzeitig denken soll (sogenannte "Mehrebenenkommunikation"), Beispiel: "Du kannst es dir dort auf dem Stuhl bequem machen und wenn du willst, bei der Position deiner Hände oder Füße oder sonstwo jede Veränderung vornehmen, die dir gut tut!"
Während der Klient nun vielleicht überlegt, Hände, Füße, Arme, Beine, Kopf und Bauch noch anders zu parken (und sich vielleicht auch noch positionsmäßig zurechtruckelt), hat das das Unbewusste mit einiger Sicherheit längst gecheckt, was da gerade gesagt/suggeriert wurde: "Du kannst sonstwo jede Veränderung vornehmen, die dir gut tut!" 

Mein Vorschlag also: Lass die Leute doch denken, was sie wollen! Du nimmst Ihnen (und dir) damit die unnötige Last, in einer bestimmten Weise denken zu müssen oder nicht denken zu dürfen oder was weiß ich. Für den Erfolg einer Hypnose ist das schnuppe. Denk ich. 

Lieben Gruß
Lutz

[Katharina]

Guten Morgen,

selten, aber doch so ab und zu schreibe ich dann doch mal was.

Weißt du, ich denke, das mit den Gedanken kann man so machen wie Lutz sagte. Ich mache das gerne auch in der Hypnoseeinleitung so, dass ich den Menschen auch etwas zu denken gebe, nämlich, ob sie gerade bequem sitzen oder ob sie ihre Beine oder ihre Arme oder was auch immer noch bequemer positionieren wollen und vielleicht noch, wie die Füße auf dem Boden sich anfühlen. Oder du besprichst vorher mit jemandem über irgend ein Bild, was er sich im Kopf vorstellen kann, was für Ruhe sorgt. Eine Metapher für eine Frau, die mal bei mir war, war ihr eigenes Bücherregal im Wohnzimmer. Das war immer beruhigend und im Bücherregal ist immer aufgeräumt und immer schön anzusehen. Neue Bücher kamen gerne hinzu, aber auch alte Schinken wiederfinden war immer wieder toll. Damit waren dann ihre Gedanken wie Bücher. Und diese sollte sie auch nicht loslassen müssen, sondern konnte sie einsortieren oder umsortieren oder was auch immer. Denn eine Neustrukturierung oder Neusortierung in ihrem Bücherregal findet sie immer toll. Damit waren die Dinge auch nicht einfach weg und es war auch nicht der Zwang da, jetzt loszulassen. Die Dinge, an die sie dachte, während der Sitzung, hatten für eine Weile mal ihren ganz eigenen Platz. Und man kann sie dann ja auch jederzeit wieder aus dem Regalfach nehmen.

So, das war jetzt glaube ich sehr lang. Ich schreibe manchmal halbe Romane, weil mir dann so viel einfällt...

Ich bin auch noch nicht so sehr lange mit Hypnose tätig, habe aus familiären Gründen ziemlich lange damit ausgesetzt, fange jetzt also auch wieder damit an.

Liebe Grüße Katharina

[toni_hans]

Danke euch beiden für eure ausführlichen Antworten. Das hilft mir weiter...
Möglicherweise hab ich bei manchen Klienten Zwang oder vielleicht sogar Druck ausgelöst, so nach dem Motto: die Gedanken müssen jetzt weg, wieso schaff ich das nicht usw.

Das geh ich jetzt mal entspannter an. 

Vielen Dank und liebe Grüße!
Hans