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Die Individualpsychologie Alfred Adlers
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Autor
Thema: Die Individualpsychologie Alfred Adlers (Gelesen 6003 mal)
Tom
NLP-Master
HypnoSequenz
Beiträge: 478
Geschlecht:
Die Individualpsychologie Alfred Adlers
«
am:
18. Apr 2007, 19:22 Uhr »
Hallo zusammen,
bei der Durchsicht meiner Bücher fiel mir mal wieder das Buch "Alfred Adlers Individualpsychologie" in die Hände. Ich dachte mir, daß es im Rahmen von der Vorstellung psychologischer Theorien interessant wäre, einige Ansätze zu erläutern oder zu diskutieren.
Ebenso wie C.G.Jung wird Adler fälschlicherweise als Schüler Freuds bezeichnet. Tatsächlich haben beide sich unabhängig voneinander mit Freud überworfen und ihre eigenen Theorien entwickelt. Gemeinsam ist beiden, daß ihre Ansätze grundsätzlich analytischen Charakter haben. Meiner Meinung nach ist es dabei sehr schade, das die dazu gehörenden Verbände sich unter Freuds Psychoanalyse haben subsummieren lassen, um für ihre Ausbildungen Kassenanerkennungen zu erreichen.
Für viele Psychotherapiekundige, ist Alfred Adler der eigentliche Initiator der sogenannten Humanistischen Richtungen, auch wenn dies selten erwähnt wird (dabei wird ja meist Maslow als solcher erwähnt).
Folgend nun einige kurze Eckpunkte und Thesen von Adlers Modell:
Ins Zentrum seiner Theorie stellt Adler die Begriffe "Minderwertigkeitsgefühl und Kompensation". Er beschreibt die Situation in der frühen Kindheit als eine per se "zum Minderwertigkeitsgefühl -verdammte". Ein Kind, wenn es sich als Mensch begreift, muß sich seiner Meinung nach minderwertig fühlen; es ist kleiner als die Erwachsenen, schwächer und auf diese angewiesen. Daraus resultiert ein Minderwertigkeitsgefühl und ein Kind wird mindestens unbewußt versuchen, diesen auszugleichen, zu kompensieren. Je nach Einbettung in sein soziales Milieu, kann dies verschiedene Ausmaße annehmen: z.B ein Streben nach Überlegenheit, Selbsterhöhung oder Vollkommenheit. Es wird eine Art "Endziel" anstreben, Adler nennt dies Fiktionalismus in Anlehnung an Hans Vaihinger (Neo-Kantianer), woraus eine Art von "Lebensziel" entsteht.
Adler unterscheidet "normales Minderwertigkeitsgefühl" von "abnormen Minderwertigkeitsgefühl". Normal ist es für ihn, weil er damit die Motivation zur Verbesserung einer jeglichen sozialen und wissenschafltichen Situation begreift. Ohne dieses Gefühl, haben wir keinen grund, etwas in unserem Leben zu verbessern. Damit ist Adler einer der Ersten, die eine Art von "Lösungsorientiertem Ansatz" propagierten.
Abnormes Minderwertigkeitsgefühl ist, wenn ein Mensch mittels seiner kompensatorischen Prozesse quasi übers Ziel hinausschießt. Heute fürden wir vielleicht von einem Egomanen sprechen. "Da das Minderwertigkeitsgefühl allgemein als ein zeichen von Schwäche und als etwas Beschämendes angesehen wird, besteht natürlich eine starke Tendenz, es Geheim zu halten. Die Anstrengung, es zu verheimlichen, kann tatsächlich so groß sein, daß die Person selbst, sich ihres Minderwertigkeitsgefühls bewußt ist, . . . ". Dann entsteht der übertriebene Drang nach Aufmerksamkeit, Bestätigung und Überlegenheit.
Adler war einer der ersten, die das "Gemeinschaftsgefühl" in einer Theorie der Persönlichkeit eingebracht hat. Der Mensch ist nur ein schwaches Tier! Er hat nicht die körperliche Stärke, wie so manche Tiere; nicht die scharfen Reißzähne, die Pranken, die Schelligkeit - diesen minderwertigen Zustand versuchte er zu überwinden, zu kompensieren, hauptsächlich mittels 2er Mechanismen: seine Intelligenz und die Fähigkeit zur Gemeinschaft. Deshalb ist der Begriff "Gemeinschaftsgefühl" zentral für seine Theorie.
Dies sollen einfach mal ein paar neugierig machende Sätze sein und ich hoffe, der ein oder andere mag sich danach etwas mehr einlesen. Adlers Beitrag zur modernen Psychologie wird grundsätzlich unterschätzt. Einige wenige berufen sich auf ihn, wie z.B. einige Gestaltpsychologen; Kurt Goldstein - dessen Theorien in die Gestalttherapie Fritz Perls eingeflossen sind; Erich Fromm als Neo-Psychoanalytiker;
Seine Bücher sind durchweg lesenswert, weil er auch einige kurze pragmatische Werke geschrieben hat: z.B. "Menschenkenntnis", in dessen Vorwort er zum Thema schreibt: wenn einer Menschenkenntnis besitzt, dann tut er gut daran, diese nicht jeden mitzuteilen, denn es Menschen hören sehr ungerne die Wahrheit über sich. Ähnlich handhabt er es auch in seiner Therapie. Seine Diagnosemethode ist schon eher analytisch. Im Gegensatz zu Freuds Analyse ist es jedoch nicht unbedingt notwendig, das der Patient erst Behandlungsfähig ist, wenn er die Analyseergebnisse begreift und anerkennt. Seine Methode zielte auf Verhaltensanpassung und "Nacherziehung" im positiven Sinn. Der Patient bekommt vom Therapeuten realistisches Lob und Anerkennung und lernt sein Leben neu zu bewerten.
Adler war der erste der psychosomatische Aspekte mit einbezog. Er nannte dies Organdialiekt.
Zum Schluß dieser laienhaften Einführung noch einige Sätze zum Thema Bewußtsein und Unbewußtsein von Adler:
"Der Mensch weiß mehr, als er versteht!"
"Und in der Tat, der Mensch versteht von seinem Ziele nichts und folgt ihm dennoch."
"Er versteht von seinem Lebensstil nicht, und ist doch in ihm verhaftet."
"Das Unbewußte ist weiter nichts als das, was wir nicht fähig waren in klare Begriffe zu formulieren. Es handelt sich nicht um Begriffe, die sich in irgendwelchen unbewußten oder unterbewußten Winkeln unserer Seele verstecken, sondern um Teile unseres Bewußtsein, deren Bedeutung wir nicht ganz verstanden haben."
"Wir können dem Bewußtsein nicht das Unbewußtsein entgegenstellen. ... Das bewußte Leben wird unbewußt, sobald es uns nicht gelingt, es zu verstehen, und sobald wir eine unbewußte Tendenz verstehen, ist sie schon bewußt geworden."
"Wo die Bewußtseinsqualität als Mittel des Lebens, als Sicherung der Einheit der Persönlichkeit und als Sicherung des Persönlichkeitsideals nötig wird, erscheint sie auch in der geeigneten Form und Ausdehnung."
Liebe Grüße,
Tom.
Gespeichert
http://thomas-evers.net
Susanne
Dipl.-Psych.
HypnoSequenz
Beiträge: 596
Geschlecht:
Re: Die Individualpsychologie Alfred Adlers
«
Antwort #1 am:
19. Apr 2007, 07:46 Uhr »
Menno ist das lange her, dass ich Adler gelesen habe.
Danke schön Tom für die wirklich gute Darstellung, die -zumindest mir - Appetit macht auf :
"wo hab ich denn die alten Bücher stehen, da muß ich doch unbedingt wieder mal rein schauen"
Und damit hat sich der Bücherstapel neben meinem Bett wieder ein Stückchen mehr in Richtung Matterhorn erhöht
Gespeichert
"Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen."
(Goethe)
Miraculus
Gast
Re: Die Individualpsychologie Alfred Adlers
«
Antwort #2 am:
20. Apr 2007, 12:27 Uhr »
Hallo DeTrance,
von Alfred Adler habe ich noch nichts gelesen, nur über ihn, und da hatte ich einen guten Eindruck (auch menschlich).
Was mir an den von Dir zitierten Thesen nicht so gefällt ist die Behauptung, daß es einen universalen Miderwertigkeitskomplex gebe, und daß eigentlich jede positive Handlungsmotivation "negativ" motiviert ist, als Kompensation eines Defizits (wenn ich es richtig verstehe9.
Natürlich ist das Kind klein und und abhängig, wenn es aber alles, was es braucht, bekommt, inkl. der emotionale Zuwendung, dann bezweifle ich, daß es mit dieser Rolle notwendigerweise in Konflikt kommen muß.
Auch müsste ein Mensch, der besonders viel Selbstbewußtsein (im besten Sinne) hat dann ja eher inaktiv sein, da er ja wenig Grund hat, Selbstnsicherheit zu kompensieren.Daß Motivation nur oder hauptsächlich reaktiv aus dem "Negativen" kommen soll, halte ich für fragwürdig, wenn ich das nicht zu rigoros gelesen habe.
Es scheint aber wenigstens
ein
wichtiger Aspekt menschlichen Handelns zu sein.
Und gerade auch die Kompensation des abnormen Minderwertigkeitsgefühl hat nach meiner Meinung große Bedeutung, nicht zuletzt in der Politik (das soll keine Polemik sein, und ich will damit auch nicht "alle" Politiker über einen Kamm scheren).
lG Miraculus
Gespeichert
Lutz
Admin
Beiträge: 3.019
Geschlecht:
Re: Die Individualpsychologie Alfred Adlers
«
Antwort #3 am:
21. Apr 2007, 17:14 Uhr »
Hallo ihr,
@ Tom:
ich lese auch manchmal gern etwas von den "alten Meistern", kann ja nichts schaden. Mit deinen zitierten Aussagen zum Unbewusstsein allerdings kann ich auch nach 3tätigem Nachdenken nichts anfangen...
Er scheint das Unbewusstsein eher im Sinne von "Unerklärlichem" zu verstehen.
Aber das ist ja oft die Gefahr, dass man das große Ganze ohne das nötige Hintergrundwissen, so aus dem Zusammenhang gerissen, nicht versteht.
Aber danke für deine Einführung!
Lieben Gruß
Lutz
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Die Individualpsychologie Alfred Adlers
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