Möglichkeiten der Hypnose Therapie

[wolfi]

Guten Tag,

Ich benötige ein paar Informationen.
Zur Erklärung...
Ich befinde mich in Ausbildung und schreibe meine Facharbeit zum Thema Hypnose. Schriftlich habe ich das Wesen der Hypnose bereits grob erfasst. Allerdings möchte ich meine Arbeit zum Thema:
„Möglichkeiten der Hypnose Therapie bei Menschen mit Geistiger Behinderung und Menschen mit Persönlichkeitsstörungen“ weiterentwickeln.

Hoffentlich können sie mir hier weiterhelfen. Bisher habe ich kein Informationsmaterial zu diesem themengebiet entdeckt.

Vielen Dank,

Mit freundlichen Grüßen

H. W.

[Lutz]

Hallo wolfi,

grüß dich hier! 
Kannst uns alle ruhig duzen, das macht hier jeder! 

Eine Abhandlung über "Hypnose und Menschen mit geistiger Behinderung" würde ggf. sehr kurz ausfallen, denn je nach Art der geistigen Behinderung wird eine (konventionelle) Hypnose überhaupt nicht funktionieren. Eine sehr niedrige Intelligenz z.B. wäre eine Kontraindikation für eine Hypnose, weil der Patient ggf. nicht das erforderliche Abstraktionsvermögen aufbringt zu verstehen, was man überhaupt von ihm will.
Dies betrifft zunächst mal eine generelle Behandlung eines geistig Behinderten, die sich auch auf einzelne Symptome oder auf den Umgang mit einer Behinderung erstrecken kann. Denkt man darüber gar an Heilung durch Hypnose, sieht es ganz mau aus. Ich habe zwar von einzelnen angeblich positiven Ansätzen z.B. bei der Behandlung eines Tourette-Syndroms oder auch bei Hirnschädigungen gelesen, aus denen man allein aber wohl noch keine generelle "Wirksamkeit" einer (ergänzenden) Hypnosetherapie herleiten kann.

Und "Persönlichkeitsstörungen" sind ja ein sehr weit gefasstes Thema, das von einer (umgangssprachlichen) "Macke" bis zur schweren psychischen Beeinträchtigung reichen kann, der man nur mit intensiver Medikamentengabe halbwegs beikommen kann. In manchen Fällen wird da Hypnose (unterstützend) hilfreich sein können, in anderen wieder gar nicht.
Dies im einzelnen auseinanderdrüseln zu wollen, erschiene mir aber als eine "Mammutaufgabe", zumal eine Hypnosetherapie (wenn überhaupt) meist wohl nur ergänzend eingesetzt wird.

Es wäre hilfreich, wenn du kurz was darüber schreiben könntest, welchen Umfang / welches 'Niveau' (richtet sie sich an medizinische Fachkräfte oder an interessierte Laien? pp.) die Facharbeit haben soll, dann könnte man vielleicht über z.B. Literaturtipps nachdenken.

Lieben Gruß
Lutz

[wolfi]

Hallo,

danke schon mal für die erste Auskunft. Nun ist es so, ich bin in Ausbildung zum staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger und diese Facharbeit wird  eine Art Abschlussarbeit darstellen. Sie richtet sich demzufolge an medizinische Fachkräfte.

Das Menschen mit schwerer Geistiger Behinderung für die Hypnotherapie nicht geeignet sind (weil der Hypnotiseur und dessen Absicht nicht "verstanden" werden, denn kommunikative Fähigkeiten sind bei so einer Behinderung auch betroffen) konnte ich bereits in Erfahrung bringen.


Meine Frage:

Wie sieht es bei leichter geistiger Behinderung (ICD- 10 F70) und mittelgradiger geistiger Behinderung (ICD-10 F71) aus.
Gibt es da Praxisbeispiele?

Außerdem interessier mich brennend ob und wie Hypnose bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung - borderline Störung wirken kann.

Ob es Möglichkeiten der Therapie bei ADS und ADHS gibt. Wenn ja welche?

Möglichkeiten der Therapie bei Generalisierten Angststörungen, Panik, Soziale Phobien…
…bei Narzistischen, Histrionischen PSK Störungen. Bei Depressionen und Manie…

Und wie sieht es mit der Therapie bei Kontrakturen und überhabt bei Krankheiten wie Osteoporose aus. Kann Hypnose da beispielsweise als Alternative zu Krampflösenden Mitteln gesehen werden.
Kann sie bei chronischer Verspannung, chronischen Schmerzen helfen?

Ist Hypnosetherapie bei Muskeldystrophie Typ Duchenne oder ähnlichen Krankheiten bereits zum Einsatz gekommen?


Das sind viele fragen…ich weiß.

Und wo kann ich material finden die Neurologische Veränderung bei angewandter Hypnose dokumentiert? Mittels EEG oder MRT…

Kurz noch meine jetzige Gliederung, soweit.

Ich muss noch sagen…

Ich möchte beleuchten ob Hypnose im Allgemeinen wirksam ist und desweitern welche Möglichkeiten  Hypnose als alternative und/oder Unterstützende Therapie hat.
Und ich muss Konsequenzen die für die Heilerziehungspflege entstehen Aufzeigen, ansprechen.

1. Was ist Hypnose?
Definitionen, Sinn, Wirkung, Fremd/selbst Hypnose, Fakten

2. Was ist Suggestion?
Definitionen, Fremd/Auto Suggestion, Bewusste/Unbewusste Suggestion

3. Theoretische Aspekte der Hypnose
Parallelen zwischen Hypnose und Schlaf, Psychologische Aspekte, Kontakt zur Umwelt, Charakter des Hypnotiseurs, Kontakt zum Hypnosetherapeuten, Emotionalität

4. Selbstversuch
Leerhypnose durch Selbsthypnose

Ich habe bis jetzt mit Literatur von C.H. Blick: Erfolgreich durch Hypnose, Uwe Stocksmeier: Lehrbuch der Hypnose, Kurt Tepperwein: Hohe Schule der Hypnose gearbeitet.

Ich hoffe auf Unterstützung.

Vielen Dank,
H.W.
 

[Lutz]

Hallo wolfi,

jetzt wird dein anspruchsvolles Anliegen deutlicher, danke! 
Die von dir genannte Literatur wird deine Fragen kaum beantworten können, ich empfehle dir da von >Kossak: Lehrbuch Hypnose<. Das wird dir sicher weiterhelfen, auch wenn der Titel m.E. falsch gewählt ist - es lehrt nicht Hypnose, aber viel über Hypnose und deren wissenschaftliche/therapeutische Betrachtungsweise.

Um deine Fragen nach dem "Ob" und sogar auch "Wie" bei den genannten Störungen erschöpfend zu beantworten, müsste man ein ganzes Buch schreiben, daher hier nur der Versuch einer groben prinzipiellen Einschätzung:
Hypnose (-therapie) ist ein sehr wirksames Instrument, mit dem man oft Wundersames erreichen kann - aber dennoch sind es keine 'Wunder'. Mit anderen Worten: Hypnose kann nur das erreichen, was ein Patient "eigentlich" auch ganz allein erreichen könnte (und letztendlich mit Unterstützung der Hypnose dann auch tatsächlich allein erreicht).

Die Frage zu den einzelnen Themen lautete also: Kann ein Mensch "theoretisch" kraft seiner psychischen Fähigkeiten eine Linderung/Heilung (auch unbewusst) selbst herbeiführen? Und: handelt es sich um eine biologische Ursache oder um eine psychologische?

Die Borderline-Diagnose bezieht sich ja in der Regel nicht auf eine Störung, die "aus dem Nichts" entstand, sondern es lassen sich oft Konstellationen und Ursachen ausmachen, die offenbar begründend einwirkten. Wir sind da also mitten im Psychologischen, das einer hypnotischen Bearbeitung, zumindest in manchen Fällen, zugänglich wäre.

Bei AD(H)S wieder kann dahingestellt bleiben, ob die Ursache eine biologische ist; erwiesen ist, dass jemand z.B. durch Biofeedbacktraining (EEG) seine Befindlichkeit verbessern kann. Und so ein Einfluss wäre auch mit (Selbst-) Hypnose möglich.

Möglichkeiten der Therapie bei Generalisierten Angststörungen, Panik, Soziale Phobien…

Gute Therapiemöglichkeiten (Faustformel: was mit Verhaltenstherapie möglich ist, ist mit Hypnose erst recht möglich)!

…bei Narzistischen, Histrionischen PSK Störungen.

siehe Borderline.

Bei Depressionen und Manie…

Das kommt hier wohl besonders auf die Ausprägung im Einzelfall an. Insbesondere bei den Depressionen tritt dabei ein generelles Problem zutage: schwere Depressionen werden standardmäßig zunächst mit Medikamenten 'behandelt', so dass kaum eine Chance besteht, die alleinige Wirkung hypnotischer Interventionen zu beurteilen; gleiches gilt für schwerere Neurosen.

chronischen Schmerzen helfen?

Hier sind gute Erfolge belegt, z.B. durch "Dissoziationstechniken": der schmerzende Körperteil wird nicht mehr als der "eigene" wahrgenommen oder es gibt Möglichkeiten der Zeitverzerrung: schmerzhafte Episoden werden verkürzt wahrgenommen usw. - weites Feld!

Ist Hypnosetherapie bei Muskeldystrophie Typ Duchenne oder ähnlichen Krankheiten bereits zum Einsatz gekommen?

Habe nie etwas darüber gelesen, denke aber bei allem Respekt vor der Hypnose, dass sie da wirkungslos wäre. Einen fatalen Gendefekt wird man wohl mit Hypnose nicht "reparieren" können. Selbst im Zusammenhang mit "Wunderheilungen" (Lourdes pp.) kann man über Heilungen von Gelähmten usw. lesen, aber meines Wissens nach nicht von einer "Genreparatur".

Und wo kann ich material finden die Neurologische Veränderung bei angewandter Hypnose dokumentiert? Mittels EEG oder MRT…

Meine Empfehlung:
Zeitschrift "Hypnose und Kognition", Band April/Oktober 04: "Hirn und Hypnose", kannst du > hier < bestellen.
Überhaupt ist die MEG eine gute Adresse für weitere Fachliteratur, Interssantes zu deinem Thema kannst du > hier < kostenlos herunterladen.

Und zu deiner Gliederung:

Parallelen zwischen Hypnose und Schlaf

Es gibt praktisch keine Parallelen zwischen Hypnose und Schlaf. Die einzige "Ähnlichkeit" mag im Einzelfall darin bestehen, dass auch ein Hypnotisierter wie ein Schlafender auf dem Sofa liegt. Aber das ist für eine Hypnose keineswegs erforderlich - die kann auch mit offenen Augen im Stehen durchgeführt werden. Hypnose und Schlaf haben praktisch nichts gemein.

Lieben Gruß
Lutz

[wolfi]

Danke Lutz,

da werde ich deinen Literaturhinweisen folgen. Sobald Ichs mir leisten kann.

Ich suche noch ein Ausführliches Fallbeispiel… vielleicht hast du da noch einen Tipp?

Kannst du das Erklären? 
„Faustformel: was mit Verhaltenstherapie möglich ist, ist mit Hypnose erst recht möglich“

Diese Dissoziationstechniken, stehen das im  engen Zusammenhang mit Hypnose?

Die Behandlung bei chronischen Schmerzen, da sehe ich einen guten Ansatz um den Bezug zur Heilerziehungspflege herzustellen.

„Hypnosetherapie bei Muskeldystrophie Typ Duchenne“

Ist Hypnose in der Lage dem „Teufelskreis“ zwischen „Schmerz- Bewegung- Fortschreitenden der Muskeldsystrophie“ entgegenzuwirken?

„Besonders durch Fehl- und Überbelastungen kommt es oft zu Schmerzen des Bewegungsapparates. Die Geschwächte Muskulatur muss verstärkt arbeiten, um die gestellten Aufgaben; beispielsweise Aufrechterhaltung des Körpers zu erreichen. Dadurch kann es zu Verspannung der Muskulatur kommen. Zudem werden durch die Schwäche der Muskeln die Bänder und Gelenke in ungünstiger Weise belastet. Auch das kann zu Schmerzen führen. Die Schmerzen wiederum führen zu einer Verstärkung der Verspannung, diese zu verstärkter Fehlhaltung. Angst vor Schmerzen der Bewegung führt zur Vermeidung von bestimmten Bewegungen, wodurch sich Kontakturen bilden. Dadurch wiederum verstärken sich die Schmerzen, womit der Kreislauf komplett wäre.“


„Parallelen zwischen Hypnose und Schlaf“

…„Sieht man den Hypnotisierten im Hypnotischen Zustand, erweckt dies meist den Anschein eines leichten Schlafes.“…
Der Punkt ist etwas verwirrend, ich habe da die Unterschiede noch einmal deutlich gemacht.

Vielen Dank nochmal für die Mühe.

Liebe Grüße

H.W.

[Lutz]

Hallo wolfi,

Ich suche noch ein Ausführliches Fallbeispiel… vielleicht hast du da noch einen Tipp?

http://www.hypnose-service.de/forum/index.php?topic=96.0

Kannst du das Erklären?   
„Faustformel: was mit Verhaltenstherapie möglich ist, ist mit Hypnose erst recht möglich“

den von dir angesprochenen Angststörungen (auch Panik, Phobie) wird oft mit der Verhaltenstherapie begegnet. Diese hat im Wesentlichen ein "Umbewerten" bzw. "Neu-Lernen" zum Inhalt, was auch zum Repertoire einer Hypnosetherapie zählt. Zusätzlich stehen der Hypnosetherapie (bei Bedarf) umfangreichere Möglichkeiten zur Beleuchtung der Entstehungsgeschichte einer Störung zur Verfügung (Regression); auch bietet die Hypnose die Möglichkeit einer direkten Kommunikation mit beteiligten unbewussten Anteilen, was nach meinem Dafürhalten eine Hypnosetherapie leistungsfähiger macht, obwohl es da natürlich auch Überschneidungen gibt (Hypnosetherapie ist oft in Teilen Verhaltenstherapie). Daher der Vorschlag meiner Faustformel.

Ist Hypnose in der Lage dem „Teufelskreis“ zwischen „Schmerz- Bewegung- Fortschreitenden der Muskeldsystrophie“ entgegenzuwirken?

Ich fürchte, nein. Ich denke auch, dass die Annahme eines "Teufelskreises", der ja nahe legen würde, dass "falsche Bewegungen" ihrerseits ein Fortschreiten der Dystrophie begünstigten, an der Realität vorbeigeht. Die Dystrophie schreitet da schon ganz von allein fort.
Außerdem mangelt es bestimmt nicht an einer "Motivation" zur "guten Bewegung" (die man theoretisch mit Hypnose ansprechen könnte) - es geht einfach nicht, weil die Muskeln nicht (mehr) mitmachen.

Lieben Gruß
Lutz