Kontraindikationen bei Hypnose

[Bunny]

Hallo zusammen!

Ich habe da mal eine laienhafte Frage:
Im Hypnoseseminar wurde gelehrt, daß man u.a. Menschen, die einen Schlaganfall hatten, oder unter niedrigem Blutdruck leiden, nicht hypnotisieren darf.

Seit Dezember zähle ich nun auch zu dieser Risikogruppe, nur hatte ich beim 2. Seminar gar nicht daran gedacht, weil ich beim 1. Seminar der Gruppe noch nicht angehörte.

Jetzt meine Frage: Ist Hypnose soviel tiefer, als ein ganz normaler, tiefer Schlaf?

Bin schon sehr gespannt auf Eure Antworten.........

[Barbara]

Hallo Bunny,

erstmal herzlich Willkommen hier bei uns.

Im Hypnoseseminar wurde gelehrt, daß man u.a. Menschen, die einen Schlaganfall hatten, oder unter niedrigem Blutdruck leiden, nicht hypnotisieren darf.

Ich selbst hatte viele Jahre einen recht niedrigen Blutdruck und wurde schon sehr häufig hypnotisiert und praktiziere regelmäßig Selbsthypnose. Das hat mir nie geschadet, im Gegenteil!

Auch kann ich nicht nachvollziehen, warum ein Mensch, der einen Schlaganfall erlitten hat, nicht hypnotisiert werden darf.  Vorausgesetzt, dieser Mensch ist soweit wieder genesen, dass er von seiner Umwelt etwas mitbekommt.

Hypnose ist ein Werkzeug, mit dem es möglich ist andere Menschen in Trance zu führen. Und Trance ist ein Zustand, den jeder von uns mehrmals täglich erfährt. Also nichts Außergewöhnliches.

Wenn du z.B. ein spannendes Buch liest, befindest du dich schon in einer leichten Trance. Und mir ist nicht bekannt, dass Schlaganfallpatienten keine spannenden Bücher mehr lesen dürfen.

Lieben Gruß
Barbara

[Lutz]

Hallo Bunny,

es gibt bei vielen Hypnotiseuren (und auch Seminaranbietern) Vorurteile und Irrtümer, was den Blutdruck in Verbindung mit der Hypnose angeht. Der menschliche Blutdruck folgt immer den Aufgabenstellungen, denen ein Mensch ausgesetzt ist. Wenn man mit einem Tiger ringt, wird der Blutdruck eher höher sein, wenn man einen Mittagsschlaf hält, wird er niedriger sein.

Der Irrtum, dass der Blutdruck in Trance ganz fürchterlich absinke, ist wahrscheinlich dadurch entstanden, dass man in einer typischen "Ruhe- und Entspannungstrance" eben bräsig und faul rumliegt - wie beim Mittagsschlaf. Und dann sinkt der Blutdruck eben - aber nicht, weil man in Trance wäre, sondern weil man da eben rumliegt.

Andersrum kann man jemandem ja auch einen großen Stofftiger in die Hand drücken und ihm suggerieren, der wäre nun echt und er solle mit ihm um sein Leben kämpfen. Dann wird der Blutdruck des Hypnotisierten natürlich eher hoch sein (obwohl er in Trance ist). Auch in Trance folgt der Blutdruck den gestellten Aufgaben, nicht irgendwelchen Trancetiefen!

Dieser - eigentlich völlig logische - Zusammenhang wurde auch in einer Studie überprüft und bewiesen:

http://www.paed.uni-muenchen.de/~chris/hypdruck.htm

Und so hast du mit deiner Anspielung auf den Schlaf auch genau "den Punkt" getroffen: wenn es so gefährlich wäre, bei Leuten mit niedrigem Blutdruck diesen noch zu senken, dürften solche Leute ja auch nicht schlafen. 

Für jeden Hypnotisierten gilt, dass man ihm am Ende z.B. einer Entspannungstrance ausreichend Zeit einräumen sollte, um sich zu berappeln (und unter anderem auch seinen Blutdruck wieder hochzufahren). Tut man das nicht, kann es Kreislaufprobleme geben, die sich dann bei jemandem mit niedrigem Blutdruck natürlich noch deutlicher auswirken können. Daraus aber zu folgern, Leute mit niedrigem Blutdruck dürften nicht hypnotisiert werden, ist - Quatsch.

Und dass Hypnose bei Schlaganfallpatienten generell nicht angewendet werden dürfe, ist schon mehr als Quatsch. Warum denn nicht? Fallen dann angeblich die Ohren ab?

Hier ein Link sogar zur Schlaganfall-Therapie mit Hypnose:

http://www.sommerakademie-reichenau.de/artikel-hypnose-taub.pdf

Ansonsten dir noch viel Spaß im Forum! 

Lieben Gruß
Lutz

[Bunny]

Hallo und guten Morgen 

Vielen, lieben Dank für die sehr ausführlichen und auch beruhigenden Antworten.
Habe mir nun meine Kursunterlagen zur Hand genommen und möchte nochmals nachfragen, ob man als Nichtmediziner Hypnose in folgen Fällen anwenden sollte:

-bei schweren Herz- u. Kreislauferkrankungen, bei denen Tiefenentspannung kontraindiziert ist wie bspw. Herzinsuffienz

-bei Psychosen

-bei Depressionen allgemein (nur bestimmte Techniken)

-bei Menschen, die gerade vor kurzem einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall hatten

-bei Thrombose-Patienten (Gefahr daß der Thrombus rutscht)

-bei Schwangernen (ausser zur Regeneration)

-bei schwerwiegenden Erkrankungen des zentralen Nervensystems

Schon jetzt vielen, lieben Dank für die Antwort.

LG, Bunny

[mipooh]

Was folgt ist meine persönliche Meinung:
Es gibt sowenig einen allgemeingültigen Grund Hypnose zu vermeiden wie das Essen, Trinken und Atmen.
Ohne sich dessen bewusst zu sein, haben Warner eine ganz konkrete Situation vor Augen, die sie unzulässig verallgemeinern oder sie blubbern einfach nur rum um sich wichtig zu machen.
Andererseits ist manches was unter Hypnose verkauft wird sowieso dummes Herumexperimentieren und sollte sogar bei Gesunden unterbleiben...
Hypnose erfordert ein Sehen des anderen in seiner Lebenssituation und wenn da Trance gefördert wird, dann die natürliche Möglichkeit, die dieser Mensch bereits hat. Dies wird man besser aus einer Position der Verantwortungsbereitschaft tun und zwar genau diesem Menschen gegenüber (nicht irgendwelchen Ideologien).
Alles andere ist Egokram...

[Lutz]

@ Bunny:

Bei Psychosen würde auch ich dringend von dem Versuch einer Hypnose abraten, denn Psychotiker tun sich - je nach Ausprägung - schwer, zwischen "Vorgestelltem/Imaginiertem" und der Realität zu unterscheiden. Hinzu kommt, dass sie sich ggf. ohnehin verfolgt, manipuliert und vielleicht sogart hypnotisiert fühlen können. Auch kommt es bei einer Hypnose ja zu einem Rapport, also zu einer "Bindung" an den Hypnotiseur. All dies würde also so eine Symptomatik noch verstärken können.
Nach meiner Erfahrung wollen Psychotiker genau aus diesen Gründen eine Hypnose auch gar nicht, sondern meiden sie wie der Teufel das Weihwaser. In der Praxis stellt sich diese Frage also womöglich nicht.

In den anderen Fällen sehe ich es wie mipooh. Keiner stellt einen wirklichen Grund dar, um Hypnose generell auszuschließen. Und in manchen Zusammenhängen wird auch Hypnose regelmäßig praktiziert wie z.B. nach einem Herzinfarkt (in Form des Autogenen Trainings, das ja auch eine stressmindernde Form der Selbst-Hypnose ist) oder bei Schwangeren in der Geburtsvorbereitung.

Dabei verstehe ich die Fragestellung so, ob man trotz der Erkrankungen "als Nichtmediziner", also als Nicht-Heilberechtigter, eine Hypnose "aus anderen Gründen" durchführen könnte; man darf rechtlich natürlich nicht die Krankheiten behandeln wollen. 

Lieben Gruß
Lutz

[Bunny]

Vielen Dank, mipooh und Lutz! 

Es ging mir darum, mich frei und offen der Hypnose widmen zu können, ohne hemmende Gespenster im Hinterkopf. Da ich weder HP, noch Therapeutin bin war es mir sehr wichtig mehrere Meinungen einzuholen, die habe ich ja jetzt ;-)

Natürlich spielt das persönliche Empfinden dabei eine wichtige Rolle und wird auch weiterhin von Fall zu Fall mitentscheiden. Nur das Grundsätzliche ist nun für mich geklärt und ich fühle mich ein Stück freier. 

Hypnose erfordert ein Sehen des anderen in seiner Lebenssituation und wenn da Trance gefördert wird, dann die natürliche Möglichkeit, die dieser Mensch bereits hat.

DAS WERDE ICH MIR BESONDERS ZU HERZEN NEHMEN!
Finde ich richtig gut!

Also nochmals DANKE,

herzliche Grüße,
Bunny