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Autor Thema: Wie macht man das?  (Gelesen 6961 mal)

Miraculus

  • Gast
Wie macht man das?
« am: 11. Jul 2006, 22:05 Uhr »
Hallo zusammen,

ich nutze es aus, gerade wieder das Buch "Hypnotherapie" von Erickson zu haben und möchte mal eine kleine Fallgeschichte reinstellen, die ich äußerst faszinierend und bemekrenswert finde.


Eine Gruppe von Ärzten wollte testen, ob man eine Hypnose gut simulieren kann. Dazu beauftragten sie einen Schauspieler, sich bei einer Hypnose-Demonstration durch Erickson einige hypnotisierte Teilnehmer anzusehen und sich dann zu melden und eine Hypnose zu simulieren.

"Er beobachtete die anderen Probanden genau und "simulierte" dann Hypnose, wie er es vorher insgeheim mit einigen Zuhörern verabredet hatte, das heißt, er demonstrierte Schmerzunempfindlichkeit und negative und positive akustische und visuelle Halluzinationen....
Erickson bemerkte jedoch, daß mit der Katalepsie des Schauspielers etwas nicht in Ordnung war und daß auch die zeitlichen Abläufe nicht stimmten. Es fielen ihm auch einige kleine Schreckreaktionen auf, und er beobachtete, daß der Proband gegen die automatische Tendenz ankämpfen mußte, dem Autor sein Gesicht zuzuwenden, wenn dieser ihn von der Seite ansprach."
(Nach einem Test mit einer Handlevitation, die untypisch ausgeführt wurde, war Erickson endgültig von der Simulation überzeugt. Erickson ließ ihn dann automatisch schreiben, was der Schauspieler noch nie hatte beobachten können.)
"...als er jedoch zu schreiben begann, wurde ihm suggeriert, er schreibe "langsam und immer besser", er schreibe "automatisch den Satz "Heute ist ein schöner Junitag"."
Das Wort "Heute" wurde viermal mit starker Betonung wiederholt, um das Bewußtsein darauf zu fokussieren, während der Rest des Satzes leiser und rascher gesprochen wurde, damit er sich dem Bewuß0tseinweniger einprägen und dafür in das Unbewußte hinabdringen würde. Der Proband schrieb das Wort "Heute" in seiner gewöhnlichen Schrift, aber den Rest des Satzes in der charakteristischen Schrift des automatischen Schreibens. [...]
Sobald er fertig war, wurden Papier und Bleistift aus seinem Gesichtsfeld entfernt und er wurde aufgefordert, "ohne Erinnerungsvermögen an die Trance-Ereignisse aufzuwachen".

(Der Proband konnte sich an alles erinnern, nur nicht an das automatische Schreiben. Er meinte daher, Erickson reingelegt zu haben. Erickson zeigte ihm dann das Blatt Papier und der Proband hatte keinerlei Erinnerung, wer das geschrieben haben könnte. Als Erickson ihn bat, "diese Schrift genau zu kopieren", fiel er sofort in die Trance zurück. Danach wurde ihm wieder gesagt, er solle ohne Erinnerung an die Tranceereignisse aufwachen, und er hatte wieder keine Erinnerung.)

"Sobald er aufgewacht war, begann er sich wieder darüber lustig zu machen, daß Erickson sich so leicht hatte täuschen lassen. Wieder wurde ihm das Blatt gezeigt. Er bemerkte, daß er den einen Satz kurz zuvor gelesen hatte, aber jetzt stand ein zweiter Satz da, den er vorher nicht gesehen hatte.
Er erhielt die Anweisung, die Amnesie eine Woche lang beizubehalten,
(Später hob Erickson dann zur Überraschung der Schauspieler die Amnesie auf, nachdem die verschwörerischen Ärzte vergeblich versucht hatten, ihn von dem Erlebnis des automatischen Schreibens zu überzeugen. Der Schauspieler bemerkte: "Nun ist es mir klar, daß man eine Hypnose am besten dadurch vortäuschen kann, daß man in eine Trance gerät.")


Soweit also die Beschreibung. Das zeigt m.E. deutlich, daß Erickson wirklich ein Künstler war. Auch wenn die ganze Situation natürlich das Gelingen begünstigte frage ich mich dennoch, wie das so einfach klappen kann. Oder ist das doch einfacher, als es mir scheint?

LG Miraculus

Offline Lutz

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Re: Wie macht man das?
« Antwort #1 am: 12. Jul 2006, 00:14 Uhr »
Zitat
Wie macht man das?
Zitat
Oder ist das doch einfacher, als es mir scheint?

Ähm - was meinst du denn genau mit "das"?
Erkennen, ob jemand Trance oder bestimmte Phänomene nur simuliert?
Automatisch schreiben lassen?
Eine Amnesie erzeugen?
Jemanden ungewollt in Trance versetzen?
...?

 ???

Lieben Gruß
Lutz

Miraculus

  • Gast
Re: Wie macht man das?
« Antwort #2 am: 12. Jul 2006, 08:49 Uhr »
Jemanden dadurch in Trance versetzen und ein Phänomen wie das automatische Schreiben hervorrufen, indem man ihn bittet einen Satz aufzuschreiben, den man mit besonderer Betonung ausspricht!

Offline Lutz

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Re: Wie macht man das?
« Antwort #3 am: 12. Jul 2006, 15:33 Uhr »
Ahso!  :)

Zum "generellen" in-Trance-Versetzen: das ist nicht wirklich etwas Besonderes, das Zitat weist ja schon in eine Richtung: "Nun ist es mir klar, daß man eine Hypnose am besten dadurch vortäuschen kann, daß man in eine Trance gerät."

Wer eine Trance und einzelne Phänomene über längere Zeit simuliert, wird mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich irgenwann in Trance fallen. Daher ist auch eine nicht ungebräuchliche Tranceeinleitung: Tu nun bitte so, als seiest du in Trance! (Lässt sich z.B. gut bei Leuten anwenden, bei denen eine 'normale' Tranceeinleitung nicht funktioniert.)

Und zum "automatischen Schreiben" - der "Trick" ist ja nur, ein hypnotisches Phänomen durchführen zu wollen, das der Schauspieler noch nicht hatte beobachten können. Damit hatte er sich auch nicht die Möglichkeit zu imitieren, sondern musste improvisieren. Wie schreibt man in Trance automatisch? In dem Wunsch, auch sowas authentisch zu zeigen, bleibt ihm nur eines - in Trance zu gehen, völlig unabhängig übrigens von diesem bestimmten Satz und dessen Betonung.

Das hätte übrigens auch mit "erfundenen" Phänomenen funktioniert; so hätte man sagen können: "Kommen wir nun zum charakteristischen Zittern der Finger in Trance. Nach meiner diesbezüglichen Suggestion wird der Proband dieses einmalige, nur in Trance mögliche Zittern der Finger demonstrieren. Es wird nur wenige Minuten dauern, bis dies beginnt. Bitte widmen Sie Ihre Aufmerksamkeit nun wieder dem Probanden!"

Was sollte der "arme" Schauspieler in so einer Situation im Wunsch, die Rolle weiterhin glaubwürdig vorzutragen, anderes tun, als in Trance gehen? Unabhängig davon, ob seine Finger dann wirklich zu zittern beginnen (für 'externe' Mitleser die Anmerkung: es gibt natürlich kein typisches "Trance-Zittern" der Finger).

"er schreibe "automatisch den Satz "Heute ist ein schöner Junitag"."
Das Wort "Heute" wurde viermal mit starker Betonung wiederholt, um das Bewußtsein darauf zu fokussieren, während der Rest des Satzes leiser und rascher gesprochen wurde, damit er sich dem Bewuß0tseinweniger einprägen und dafür in das Unbewußte hinabdringen würde


Ich vermute einfach mal, dass bei dieser Beschreibung einiges weggelassen wurde. Erstmal ist es ja kein automatisches Schreiben, wenn jemand einen diktierten Satz aufschreibt - auch dann nicht, wenn derjenige dabei in Trance ist. Und so einen Satz schreibt ein Proband (wenn nichts anderes suggeriert wurde) auch mit seiner ganz normalen Schrift. Damit es zum automatischen Schreiben wird, muss es zu einer Handlung werden, die allein aus dem UB heraus unwillkürlich erzeugt wird, und erst dann entsteht auch diese typische krackelige Schrift.

Ich könnte mir also vorstellen, dass es vielleicht so abgelaufen ist:

"Schreiben Sie nun bitte in der für eine Trance typischen Weise des automatischen Schreibens mit der entsprechenden Schrift auf: HEUTE ist ein schöner Juni-Tag, HEUTE - HEUTE - HEUTE - HEUTE. Dabei brauchen Sie heute nicht an morgen denken, während Sie das schreiben, denn morgen wird heute schon gestern sein, als Sie das noch schrieben. So, wie Sie beim Schreiben nicht ans Denken denken müssen und beim Denken nicht ans Schreiben, weder heute, noch morgen und gestern ist sowieso vergangen... blablabla"

Es müsste also eine "Ablenkung" erfolgen, die überhaupt erst den Rahmen für ein automatisches Schreiben schaffen könnte, sonst wäre es ja ein bloßes Diktieren und damit wäre für mich jedenfalls nicht nachvollziehbar, warum sich allein dabei plötzlich automatisches Schreiben einstellen sollte. Und falls doch, wäre dies wohl selbst für Erickson unvorhersehbar gewesen.  :)

Meine Tendenz also: soo besonders ist es wohl nicht, was da geschah.
Übrigens wundert es mich, dass Erickson nicht schon viel früher die Simulation durchschaut haben soll - ich würde dem Bericht insgesamt nur mäßig trauen.  :-\

Lieben Gruß
Lutz

Miraculus

  • Gast
Re: Wie macht man das?
« Antwort #4 am: 13. Jul 2006, 20:42 Uhr »
Hallo Lutz,

Zitat
Es müsste also eine "Ablenkung" erfolgen, die überhaupt erst den Rahmen für ein automatisches Schreiben schaffen könnte, sonst wäre es ja ein bloßes Diktieren und damit wäre für mich jedenfalls nicht nachvollziehbar, warum sich allein dabei plötzlich automatisches Schreiben einstellen sollte. Und falls doch, wäre dies wohl selbst für Erickson unvorhersehbar gewesen.   :)

Genau das war es auch, was mich so überrascht hatte. Für mich klang es so, als hätte man den Probanden einfach nur gebeten, einen Satz zu schreiben, und allein durch die Betonung das automatische Schreiben hervorgerufen.
So scheint es wenigstens aus dem Bericht.
Deine Erklärungen würden den Ablauf für mich allerdings viel plausibler machen.

Zitat
Übrigens wundert es mich, dass Erickson nicht schon viel früher die Simulation durchschaut haben soll - ich würde dem Bericht insgesamt nur mäßig trauen.   :-\

Erickson hat wohl schon recht früh Verdacht geschöpft. Andererseits war es ja ein professioneller Schauspieler, der mehrere Probanden intensiv beobachten konnte.
Zitat
Erickson bemerkte jedoch, daß mit der Katalepsie des Schauspielers etwas nicht in Ordnung war und daß auch die zeitlichen Abläufe nicht stimmten. Es fielen ihm auch einige kleine Schreckreaktionen auf, und er beobachtete, daß der Proband gegen die automatische Tendenz ankämpfen mußte, dem Autor sein Gesicht zuzuwenden, wenn dieser ihn von der Seite ansprach.

Endgültige Klarheit erhielt er erst durch die Durchführung der Levitation, die davor nicht demonstriert worden und daher auch weniger typisch ausgeführt werden konnte.
Ich hoffe mal, daß wir dem Bericht doch einigermaßen trauen können - immerhin stammt er aus "Hypnotherapie" von M. Erickson und L. Rossi. ;)

Danke für Deine Erklärungen. Unter diesen Umständen wäre es sicher immer noch anspruchsvoll, aber doch weit eher möglich so etwas zu produzieren.

LG Miraculus

Offline Lutz

  • Admin
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  • Geschlecht: Männlich
Re: Wie macht man das?
« Antwort #5 am: 14. Jul 2006, 01:35 Uhr »
Zitat
Ich hoffe mal, daß wir dem Bericht doch einigermaßen trauen können - immerhin stammt er aus "Hypnotherapie" von M. Erickson und L. Rossi.  ;)

Dem Bericht an sich schon, nur bei den Erickson zugeschriebenen Überlegungen bin ich da etwas vorsichtig, denn weil das Buch auch von Erickson mitgestaltet wurde, ist es ja schon auffällig, dass dort von Erickson in der dritten Person gesprochen wird. Er hätte doch viel schlüssiger selbst dazu Stellung nehmen können - na egal.  ;)

Ich hatte übrigens mal vor Jahren in so einer "Gesundheitssendung" einen Bericht über therapeutische Hypnose gesehen, in dem auch ein Sitzungsausschnitt eines bekannten deutschen Hypnosearztes mit einer Klientin zu sehen war. Sie machte eine "Armlevitation", die ich hier mal lieber in Anführungszeichen setze, denn auch die war offensichtlich für die Kamera nachgestellt.  ;D

Was soll's  - the show must go on...

Lieben Gruß
Lutz

 

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