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Autor Thema: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse  (Gelesen 15502 mal)

Offline Lutz

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Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« am: 01. Nov 2006, 21:02 Uhr »
Hallo ihr,

angeregt durch eine Bemerkung von Rüdiger, habe ich dieses neue Thema eröffnet.

Vorweg: was ist 'Hypnoanalyse'?
Hypnoanalyse ist ein Begriff aus dem therapeutischen Bereich und meint zunächst das Ermitteln eines Grundes für ein unerwünschtes Erleben/Verhalten mit hypnotischen Mitteln, soll also z.B. die in der Vergangenheit liegende Entstehungsgeschichte etwa eines Symptoms aufdecken.

Obwohl streng genommen von dem Begriff nicht umfasst, ist meist darüber hinaus auch eine "Bearbeitung" dieses dann ermittelten Grundes gemeint z.B. in der Form, dass eine (unbewusste) Erinnerung verändert und/oder durch neue Einsichten ergänzt wird, so dass deren einschränkende und behindernde Wirkung auf aktuelles Verhalten verloren geht.

Eine typischer Weise mit einer Hypnoanalyse einhergehende Methode wäre die Altersregression, die einen Klienten (gedanklich) in frühere Zeiten zurückversetzt.
Das mag als einführende Beschreibung erstmal reichen.


Um der Antwort auf die Frage nach Sinn oder Unsinn einer Hypnoanalyse näher zu kommen, frage ich: Ist Thymian in der Küche sinnvoll?

Die Antwort wird wohl lauten: Kommt drauf an, was und wie man kochen will. Und so sehe ich das auch mit der Hypnoanalyse.

Viele hypnotherapeutische Interventionen (übrigens auch die meisten überlieferten von Erickson) sowie Therapiemethoden (Verhaltenstherapie, EFT pp. und viele weitere) sind ausschließlich zukunfts- und lösungsorientiert, ignorieren die Entstehungsgeschichte eines Problems und sind dennoch erfolgreich - erfolgreich in dem Sinne, dass ein geschildertes Problem nach einer Intervention dann (hoffentlich) verschwindet.

"Na prima". könnte man nun sagen, doch es bleibt mitunter ein fader Nachgeschmack, denn wir kennen das Phänomen der "Symptomverschiebung": was nützt es, wenn z.B. einem Klienten das Problem, nicht mit Fahrstühlen fahren zu können, durch eine rein zukunftsorientierte Intervention genommen wird, wenn er aber dafür das neue Problem einer Drogensucht entwickelt, weil eben der Ursprungskonflikt noch nicht bearbeitet wurde und nun auf andere Weise fortwirkt?

Ich habe dieses extrem konstruierte Beispiel gewählt, um damit auf die streitbare Frage aufmerksam zu machen: Hat denn das Eine überhaupt was mit dem Anderen zu tun?

Ich denke, in der Praxis wird (und sollte) man es ganz pragmatisch am Einzelfall und unter Berücksichtigung der Wünsche des Klienten festmachen, was man tut. Wenn man einen Klienten von seinem Unvermögen, Fahrstuhl fahren zu können, befreit, kann und wird es diesem wohl egal sein, wo das Problem eigentlich seine Ursache hatte (denn die meisten werden danach nicht drogensüchtig). Eine rein zukunftsgerichtete Intervention schont hier den Terminkalender des Therapeuten und das Portemonnaie des Klienten.

Würde aber jemand kommen und schildern, es sei ihm unmöglich, das Grab seines Vaters zu besuchen, denke ich, dass derjenige schon sowas wie ein "Recht" hätte zu erfahren, warum dass denn so ist - mit der Folge der Anwendung einer aufwändigeren Analyse.

Ich für meinen Teil bevorzuge analytisches Vorgehen, denn bei mir spielen Terminkalender und Portemonnaie keine Rolle (nicht, weil ich so reich wäre, sondern weil ich kein Geld nehme). Es ermöglicht dem Klienten Einsichten über sein Leben und sein Verhalten, die er zukünftig auch für andere Fragestellungen (hoffentlich) nutzen kann. Aber sowas dauert dann mitunter auch mehrere Stunden am Stück...  :o

Soweit erstmal.  ;)

Lieben Gruß
Lutz

Offline MindCore

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #1 am: 01. Nov 2006, 22:42 Uhr »
Zitat
Ich denke, in der Praxis wird (und sollte) man es ganz pragmatisch am Einzelfall und unter Berücksichtigung der Wünsche des Klienten festmachen, was man tut.
So sehe ich das auch.

Gruß Eddie

Miraculus

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #2 am: 02. Nov 2006, 16:08 Uhr »
Hallo zusammen,

ich mache ja erst seit recht kurzer Zeit Hypnose zur Lebenshilfe, und mein Repertoire ist noch recht einfach und begrenzt.
Ich unterhalte mich viel mit dem UB meines Klienten und arbeite dabei oft analytisch.

Manchmal ist das auch gar nicht intendiert.
Z.B. frage ich das UB, ob es etwas an dieser Sache machen kann usw., und oft kommen dann dem Klienten selbst spontan Einfäelle oder Bilder, die weitere Hinweise geben.
Manchmal frage ich auch direkt, ob es einen besonderen Grund gibt.
Mnachmal macht das UB auch deutllich, daß es eine Analyse eines Problems (noch) nicht möchte, und dann bitten wir es einfach, still aber intensiv in dieser Angelegenheit zu arbeiten, und das sagt es dann auch zu.

Eine ursachenorientierte Vorgehensweise ist bei meinem Arbeisstil dann  häufig angezeigt, wenn das UB erklärt, daß es nicht bereit ist, eine Veränderung durchzuführen.

Bei manchen Klienten habe ich den Eindruck, daß ihr UB sehr mitteilungsbedürftig ist und jede Gelegenheit nutzt, um bestimmte Erkenntnisse mitzuteilen. Das hat sicher auch mit den Einstellungen der Beteffenden zu tun.

Ich meine nicht, daß eine analytische "Therapie" in diesem Sinne unbedingt notwendig wäre. Das UB kann sicher auch ohne bewußtes Wissen in jede Richtung arbeiten. Ich habe aber das Gefühl, daß es oft hilfreich ist.

(Altersregressionen mache ich noch nicht gezielt, es ist aber schon vorgekommen, daß ein Klient bei passender Gelegenheit von alleine regrediert ist.)

Mein Stil ist derzeit großteils der Dialog mit dem UB, wobei das sicher auch daran liegt, daß ich eben noch nicht wesentlich mehr kann.

Da die meisten "Symptome" einen bestimmten Grund und sicher auch einen bestimmten Sinn haben, ist mir der analytische Gedanke sympathisch.
Wenn ein Klient von mir z.B. deshalb ein bestimmtes Verhalten zeigt, weil er unbewußte (und irrationale) Schuldgefühle gegenüber anderen hat, dann erlaubt dieses Wissen eine spezifische Bearbeitung des Problems.
Ich habe durch die analytische Arbei das Gefühl, daß wir das Übel wirklich an seiner/n Wurze(n)l packen und über kurz oder lang auch mit dieser/n ausreißen können.

LG Miraculus

Miraculus

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #3 am: 06. Nov 2006, 15:41 Uhr »
Hallo zusammen,

mich wundert, daß zu diesem interessanten Thema so wenige Beiträge escheinen.
Alle Meinungen, insbesondere die Ansichten von erfahreneren therapeutisch Tätigen wären hier doch interessant, und dabei auch besonders die Meinung von Rüdiger, der der Hypnosnalyse, wenn mein Eindruck nicht trügt, skeptisch gegenübersteht.


LG Miraculus

Offline Heikje

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #4 am: 07. Nov 2006, 07:23 Uhr »
moin, moin,

was in der Hypnotherapie die Hypnoanalyse meint, ist bei uns in der Synergetik das Profiling.
Und das ist sogar sehr sinnvoll.
Wenn jemand ein Problem/Symptom loshaben möchte, muß er den ganz spezifischen Hintergrund wissen der dazu geführt hat.
Das sind in der Regel immer 5-8 Faktoren, die das Problem/Symptom verursachen.
Diese Faktoren werden in der Tiefenentspannung rausgearbeitet. Das schädigende Muster dem Klienten klar aufgezeigt  und anschließend aufgearbeitet.
Als "Nebenwirkung" kann sich das Problem/Symptom jetzt auflösen. Es hat sozusagen keine Nahrung und keinen Grund mehr zu wirken.


liebe Grüße Heikje

Offline rüdiger

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #5 am: 07. Nov 2006, 20:18 Uhr »
Hallo an alle,

tja...natürlich ist jeder Einzelfall anders und deswegen anders anzugehen, wie es ja Lutz erwähnte.

Analyse: aufgrund welches Glaubenssatzes ist denn das Aufdecken einer Ursache bzw. das Bewusstwerden einer solchen
heilsam?  Kann dies nicht gerade eine Problemfokussierung verstärken?
Kann ein Hypnoanalyst sich anmaßen, die Ätiologie eines Symptoms wirklich erkannt zu haben, really ???? Oder glaubt er dies nur - aufgrund seiner Hypothesen bzw. Weltbildes?
Ist der "systemische " Kontext denn mitberücksichtigt?
Wie weiß man wirklich, ob dies die Ursache oder die alleinige Ursache ist?
Vergangenheits- oder zukunftsorientiert, was solls. Nicht lösungsorientiert, sondern lösungsfocussiert, halten die meisten Psychotherapeuten für wirkungsvoll. Nach DeShazer und Iso Kim Berg brauche man eigentlich das Problem selbst nicht mal kennen, um doch Lösungen zu finden - überspitzt ausgedrückt.

Ich sehe meine Arbeit praxisbezogen und habe damit meine Erfolge ;D.

So jetzt provoziere ich nicht weiter

Freundliche Grüße Rüdiger

Offline Lutz

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #6 am: 08. Nov 2006, 03:14 Uhr »
Hallo Rüdiger,

ich denke in der Tat, dass jeder, der mit welchem Instrumentarium auch immer umgeht, sich und seine Auffassungen dazu ständig hinterfragen sollte, ganz so, wie du es auch beschrieben hast. Und ich für meinen Teil nehme keineswegs in Anspruch, die menschliche Psyche abschließend verstanden zu haben, sondern suche ständig weiter.

Und so muss sich jedes Therapieverfahren die genannten Fragen stellen lassen, natürlich auch ein primär oder ausschließlich lösungsorientiertes, das natürlich Fragen eines persönlichen Weltbildes, unergründeter Ätiologie oder vernachlässigter Systemik genauso unterworfen ist...

Zitat
Nicht lösungsorientiert, sondern lösungsfocussiert, halten die meisten Psychotherapeuten für wirkungsvoll.

Na ja, der im Deutschen weitaus verbreitetere Begriff ist aber "lösungsorientiert" und auch Bücher von DeShazer und Berg tragen "lösungsorientiert" im Titel.

Zitat
Nach DeShazer und Iso Kim Berg brauche man eigentlich das Problem selbst nicht mal kennen, um doch Lösungen zu finden - überspitzt ausgedrückt.

Ernest Rossi hat mal dargestellt, dass er Klienten aufforderte, die Augen zu schließen, das Problem zu bearbeiten, um danach die Augen wieder zu öffnen - zack. Soll auch funktioniert haben.  :)

Ich denke, wir sind da am Ende der Fahnenstange der Erkenntnis noch lange nicht angekommen. Wer hätte es vor 30 Jahren für möglich gehalten, dass das 'Rumfuchteln' mit dem Finger vor den Augen eines Klienten einen therapeutischen Nutzen in sich bergen könnte (EMDR)? Ich bestimmt nicht... und warum das (und andere Therapieverfahren) funktioniert, weiß nach meinem Kenntnisstand letztendlich auch keiner  :)

Lieben Gruß
Lutz

Offline Susanne

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #7 am: 08. Nov 2006, 12:43 Uhr »
Analytisch zu arbeiten muß ja nicht heißen, in der Vergangenheit herumzustochern bis es weh tut (auf Fachchinesisch : Retraumatisierung)
Und es muß nicht heißen, dass der Therapeut eine objektive Wahrheit findet... sondern eben subjektive innere Wahrheiten, wie Glaubenssätze, Traumata oder alte Suggestionen (Eltern setzen einem dauernd welche und das heißt dann Erziehung auf fachchinesisch)

Wichtig ist schlichtweg (meiner Meinung nach) dass diese alten Muster und Erfahrungen ihre Macht über die Person in der Gegenwart verlieren. Also dass die Bewertungen des KLienten sich verändern.
(Das macht man im konsequent lösungsorientierten NLP ja auch im History Change oder im Reimprinting)

Ob das nun dadurch geschieht, dass die Vergangenheit bearbeitet wird und man hierzu das "Problem" einer Analyse unterzieht um seinen subjektiven Ursprung zu finden, oder dass die Gegenwart und Zukunft modifiziert werden - im inneren Erleben des KLienten - sollte keine "Glaubenssache" sein, sondern eine Einzelfallentscheidung.

Man sollte beides können als Therapeut - um im Einzelfall zu entscheiden, was denn nun für diese spezielle Person in dieser speziellen Situation das ist, was dieser am besten weiterhilft auf ihrem Weg zur Selbstentwicklung.




« Letzte Änderung: 10. Nov 2006, 14:47 Uhr von Susanne »
"Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen."
(Goethe)

Offline rüdiger

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #8 am: 10. Nov 2006, 14:35 Uhr »
Okay,

"Einzelfallentscheidung" - das ist es. Und Reframing, wenn man glaubt, auf mögliche "Ursachen" gestoßen zu sein.
"subjektive versus objektive Wahrheit" - was ist Wahrheit  ??? Nur meine ich, je subjektiver, desto mehr Fallstricke...

"Man sollte beides können..." - Ich meine, dass Hypnoanalyse als Grundlage eine fundierte Ausbildung in Psychoanalyse wohl voraussetzt incl. Kontraindikationen und Indikationen. Also Hypnose in diesem Fall als ein Werkzeug bei einer Psychoanalyse. Wer hat schon eine solche Ausbildung ? Gerade bei meinen jugendlichen Patienten sehe ich bei ansonsten banalen Analysen Schwierigkeiten: Weil Dir das oder dies widerfahren ist, hast Du jetzt dieses Problem  :-\   Bißchen zu simpel.

"lösungsorientiert versus lösungsfocussiert" - soll keine Wortklauberei sein (siehe Wikipedia "Lösungsorientierter Ansatz"). Im "hypnosystemischen Ansatz" nach Gunter Schmidt wird dies klarer, wenn der Patient in seinem System mit seinen Vernetzungen und seinen von jedem verschieden gewichteten Symptomen eingeordnet ist. Die Richtung von Lösungen wahrzunehmen ist gut, die Focussierung darauf ist besser, so seine Intention.

Damit habe ich meine Bedenken bzw. Gedanken etwas mehr erläutert. Hoffe ich jedenfalls.
Viel Erfolg bei Eurem Treffen, an dem ich gerne teilgenommen hätte, aber leider zeitlich nicht kann  :)


Freundliche Grüße
Rüdiger

NB "Alles hängt mit allem zusammen," erkannte kürzlich unserer bayerischer König Stoiber  ;D
« Letzte Änderung: 11. Nov 2006, 07:43 Uhr von rüdiger »

Offline Lutz

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #9 am: 13. Nov 2006, 06:04 Uhr »
Hallo Rüdiger,

Zitat
Gerade bei meinen jugendlichen Patienten sehe ich bei ansonsten banalen Analysen Schwierigkeiten: Weil Dir das oder dies widerfahren ist, hast Du jetzt dieses Problem  :-\    Bißchen zu simpel.

ein Vorgehen, das gänzlich ohne Berücksichtigung einer Entstehunsgeschichte einem Klienten/Patienten "nur" suggeriert, wie er sich denn zukünftig symptomfrei zu verhalten habe, halte ich für noch simpler als jede ggf. noch so banale Hypnoanalyse.

Dabei verstehe ich das Attribut "simpel" durchaus nicht als qualitätsminderndes Kriterium; eine Intervention wird ausschließlich an ihrer Wirksamkeit zu bemessen sein und nicht daran, ob sie ggf. "simpel" ist. Wenn Simples zum Erfolg führt, warum dann nicht simpel?

Und so magst du zu Recht anführen, dass eine Arbeitsweise auch ohne Hypnoanalyse durchaus funktionieren kann. Einen ebensolchen Erfolg können aber auch Anwender einer Hypnoanalyse für sich reklamieren. Und nach meiner ganz persönlichen Erfahrung führt eben auch eine Hypnoanalyse, die ohne fundierte psychoanalytische Fachausbildung vorgenommen wird, durchaus in spezifischen Fällen zum Erfolg.

Zitat
Im "hypnosystemischen Ansatz" nach Gunter Schmidt wird dies klarer, wenn der Patient in seinem System mit seinen Vernetzungen und seinen von jedem verschieden gewichteten Symptomen eingeordnet ist. Die Richtung von Lösungen wahrzunehmen ist gut, die Focussierung darauf ist besser, so seine Intention.

Du führst den von dir (und mir) geschätzten Gunther Schmidt an. Aber schauen wir doch mal, was in seinem Buch "Liebesaffären zwischen Problem und Lösung" zu lesen ist. Er überschreibt eine auf S. 326 beginnende Abhandlung mit "Zur Technik der Lösungsorientierung", um dann darin u.a. zu formulieren:

"Die Schilderung des hier vertretenen Vorgehens könnte den Eindruck erwecken, als wäre ein lösungsorientiertes Verfahren recht leicht zu bewerkstelligen."
...
"Bei einer derart lösungsorientierten Interviewgestaltung zeigt sich aber auch deutlich, ..."
...
"Eine lösungsorientierte Arbeit, welche sich..."


Lösungsfokussiert kommt hier begrifflich nicht ein einziges Mal vor.
Ich behaupte also auch weiterhin, dass "lösungsorientiert" die derzeit gängige Bezeichnung ist für eine Arbeitsweise, die das Fokussieren auf Lösungen meint.  ;D

Zitat
Viel Erfolg bei Eurem Treffen, an dem ich gerne teilgenommen hätte, aber leider zeitlich nicht kann   :)

Nachträglich "danke" für deine lieben Wünsche!  :)
Es war ein sehr bunter und facettenreicher Gedankenaustausch mit unterschiedlichsten Eindrücken und einem 'Füllhorn' an neuen Erfahrungen im Hinblick auf Hypnose und artverwandte Themen. Dies alles, wie inzwischen gewohnt, in herzlicher und sehr freundschaftlicher, warmer Atmosphäre, die nicht nur durch die "alte Stammmannschaft" garantiert wurde, sondern in die sich auch die "Neuzugänge" nahtlos, konstruktiv und belebend einbrachten. Es war fachlich interessant, menschlich schön und hätte dir wohl auch gefallen. Und es wird hoffentlich nicht das Letzte seiner Art gewesen sein.  ;)

Lieben Gruß
Lutz

Offline rüdiger

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #10 am: 15. Nov 2006, 13:02 Uhr »
Hallo Lutz,

genau! "simpel" ist nicht qualitätsmindernd gemeint, sondern als "einfach". "Zu simpel" - also zu einfach - schrieb ich, weil eine vermeintliche Ätiologie  meist eben nur "vermeintlich" aufgrund der Hypothesen des Analysten ursächlich für ein Problem ist.  Aber wieso erleichtert dies denn eine Lösung? Eine Problem wird tiefergründig "produziert", während bei der Analyse die Kognitionsebene vorherrscht.
 Je "simpler" ein Lösungsweg ist, um so besser und eleganter, d'accord.
Bei einer Hypnoanalyse sehe ich für mich mehr Fallstricke, Nebenwirkungen und Kontraindikationen  >:D
Auch wenn die Diskussion vielleicht den Anschein hat, ich polarisiere zu sehr, bin ich in meiner täglichen Praxis freilich offener für die "vielen Wege, die nach Rom führen"  ;D
Es wäre übrigens schade, wenn es keine kontroversen Ansichten gäbe ;) oder ?

Freundliche Grüße
Rüdiger

Offline Lutz

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #11 am: 15. Nov 2006, 17:22 Uhr »
Hallo Rüdiger,

Zitat
"Zu simpel" - also zu einfach - schrieb ich, weil eine vermeintliche Ätiologie  meist eben nur "vermeintlich" aufgrund der Hypothesen des Analysten ursächlich für ein Problem ist.

wären es vordergründig oder gar ausschließlich die Hypothesen des Analysten (hier: Therapeuten), die die Ätiologie (= den ursächlichen Entstehungszusammenhang) von Symptomen bestimmen würden, würde so ein Konstrukt natürlich mehr als wackeln und wäre in der Tat angreifbar. Grundgedanke ist doch aber (im Gegensatz zur Psychoanalyse, weshalb ich Kenntnisse derselben hier auch für verzichtbar halte), den Klienten selbst seine Zusammenhänge finden zu lassen.

Beispiel: Jemand sucht um Hilfe nach, weil er sich in bestimmten Situationen als handlungsunfähig und "plötzlich wieder als Kind" empfindet, begleitet von "so einem komischen Gefühl". Ich frage ihn: "Hast du dieses Gefühl schon früher mal gehabt?" Antwort: "Ja, schon öfter." Frage: "Wann hattest du dieses Gefühl zum ersten Mal?" Antwort: "Weiß nicht."

Nun bitte ich ihn, mal die Augen zu schließen und eine innere Suche zuzulassen, um mir dann das zeitlich erste Erlebnis mitzuteilen, welches ihm mit diesem Gefühl einfällt. Nach 1 Min. öffnet er die Augen und spricht mit leiserer Stimme (eine Trance hat sich etabliert):

"Da war ich 8 Jahre alt und da passierte..."

Im nächsten Schritt wird das genannte Ereignis bearbeitet, vielleicht genügt dazu schon ein simples Reframing oder später erworbene Ressourcen werden in die Situation eingeführt oder oder...

Und nun geht es gedanklich wieder in die Gegenwart bzw. in die Zukunft, um sich so eine bisher belastend empfundene Situation vorzustellen. Jetzt kichert der Klient über seine bisherigen Defizite und kann sie nicht mehr recht nachempfinden - und wird sie auch nicht mehr produzieren. (Das war jetzt nur ein Beispiel, es wird nicht immer so einfach ablaufen.)

Dann hat aber ausschließlich der Klient Zusammenhänge hergestellt; die Frage, ob damit wirklich die Ursache eines Symptoms und all dessen (systemische) Komponenten aufgedeckt wurden, kann doch ganz pragmatisch dahingestellt bleiben. Denn im Gegensatz zur Psychoanalyse geht es doch hier lediglich um die Ermittlung subjektiv hergestellter Bezüge und individueller Verknüpfungen, nicht um (wissenschaftlich fundierte) "Wahrheiten".

Zitat
Es wäre übrigens schade, wenn es keine kontroversen Ansichten gäbe  ;) oder ?

Jo. Und - wenn ich hinzufügen darf: Es wäre schade, wenn kontroverse Meinungen nicht auch geäußert würden.  :)
Der bisher ausnahmslos anzutreffende freundliche und respektvolle Ton hier im Forum soll ja nicht dazu führen, dass dies hier ein inhaltliches Weichspülerforum sein muss, in dem alle nur im Chor singen. Hypnose und insbesondere Psychologie sind Themen, zu denen man unterschiedliche Auffassungen haben kann, wird und soll. Sich darüber auszutauschen, ist immer willkommen.  ;D

Lieben Gruß
Lutz

Offline rüdiger

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #12 am: 19. Nov 2006, 10:34 Uhr »
Hallo Lutz,

da haben wir das "Problem": ich verstehe etwas anderes unter Hypnoanalyse als Du....Ich sehe schon ein bißchen mehr Freud darin  :hmmm:
Und überhaupt werde ich mir demnächst mal Erika Fromm vornehmen, die ja eigentlich als die Begründerin der psychotherapeutischen Hypnoanalyse gilt.

Freundliche Grüße
Rüdiger

Offline Lutz

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Re: Sinn und Unsinn von Hypnoanalyse
« Antwort #13 am: 19. Nov 2006, 18:30 Uhr »
Hallo Rüdiger,

Zitat
da haben wir das "Problem":

ich würde sagen, da haben wir die Lösung - zumindest für unsere (scheinbar) unterschiedlichen Einstellungen zur Hypnoanalyse. Was ich (hier) darunter verstehe, hatte ich im Eingangsposting dieses Threads geschrieben (Ermittlung eines "Grundes"); wenn du darunter tendenziell mehr eine "Psychoanalyse mit Hypnose" etwa im Sinne von Fromm meinst, pflichte ich dir ja völlig bei: wer mal gerade jemanden in Trance versetzen kann und dabei auch noch dies und das über Psychologie weiß, sollte sich nicht gleich für einen kleinen (oder großen) Freud halten und sich psychoanalytisch betätigen. Das allerdings war von mir auch nicht gemeint gewesen, mir ging es mehr um Dinge wie Affektbrücke pp.

Lieben Gruß
Lutz

 

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