Mehr zum Forum

Mehr zur Hypnose

Hypnosetherapie

Datenschutz

Autor Thema: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?  (Gelesen 15414 mal)

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.019
  • Geschlecht: Männlich
Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« am: 07. Nov 2012, 16:23 Uhr »
Bei diesem Thread handelt es sich um eine Diskussion, die aus dem Thema "Durch Lesen in Trance" ausgegliedert wurde - Lutz.


@ Yakuzza:

Zitat
...kann der Verstand nicht sagen, so ein Schwachsinn und kann dadurch auch nicht boykottieren.

Zitat
Wenn sich dein Verstand dazwischen schaltet und das gehörte Analysiert,
kommt er zu dem Entschluß Bullshit und wirft es weg, löscht es aus dem Kurzzeitgedächnis
und somit boykottiert er nicht den Aufarbeitungsprozess.

Was meinst du denn hier mit "Verstand"? Solltest du damit "bewusste Prozesse" meinen, würde ich dir widersprechen.  ;)

Lieben Gruß
Lutz
« Letzte Änderung: 08. Nov 2012, 10:21 Uhr von Lutz »

Offline Yakuzza

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 52
Durch lesen in Trance?
« Antwort #1 am: 07. Nov 2012, 18:16 Uhr »
@ Lutz,

Wenn eine Stimme (MP3) zu dir sagt, Du sollst in einem Tautropfen ein Schloß sehen und dein Bewußtsein sagt, so ein blödsinn,
in einem Tautropfen kann kein Schloß sein, so behindert er dich in diesem Augenblick!
Durch Nested Loops, schlate ich den bewußten Verstand (Kritiker) aus, ebenso durch Konfussion.

Have more fun
Yakuzza

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.019
  • Geschlecht: Männlich
Durch lesen in Trance?
« Antwort #2 am: 07. Nov 2012, 20:47 Uhr »
Hallo Yakuzza,

du meinst also offenbar bewusste Prozesse ("Bewusstsein").

Zitat
Wenn eine Stimme (MP3) zu dir sagt, Du sollst in einem Tautropfen ein Schloß sehen und dein Bewußtsein sagt, so ein blödsinn, in einem Tautropfen kann kein Schloß sein, so behindert er dich in diesem Augenblick!

Nö. Ice Age, Nemo, zahllose Romane, Märchen, Raumschiff Enterprise usw. usf. werden anstandslos und mit oft großer emotionaler Beteiligung konsumiert und als "quasi real" angesehen, auch wenn Menschen bewusst wissen, dass das Behandelte nicht (real) sein kann. Dazu muss man keinen "Kritiker" ausschalten und/oder sie vorher hypnotisieren.

Zitat
Wenn sich dein Verstand dazwischen schaltet und das gehörte Analysiert, kommt er zu dem Entschluß Bullshit und wirft es weg, löscht es aus dem Kurzzeitgedächnis und somit boykottiert er nicht den Aufarbeitungsprozess.

Der "bewusste Verstand" löscht was aus dem Kurzzeitgedächtnis? Mit Sicherheit nicht. Gedächtnis als unbewusst ablaufender Vorgang funktioniert unabhängig von dem, was der bewusste Verstand will oder nicht will. Versuch doch mal über deinen bewussten Verstand aus deinem Gedächtnis zu tilgen, dass du gerade diesen Beitrag hier gelesen hast - nur mal so zum Spaß! Das wird nicht funktionieren.

Und überhaupt können unbewusste Vorgänge vom bewussten Verstand nicht "boykottiert" werden. Wäre sowas möglich, wäre das ja praktisch - dann könnte man ja alles Unerwünschte von Fressattacken über Ängste bis hin zu unerwünschten Erinnerungen mal eben "bewusst wegboykottieren".  :)

Lieben Gruß
Lutz

Offline MrKnowHow

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 56
  • Geschlecht: Männlich
Durch lesen in Trance?
« Antwort #3 am: 07. Nov 2012, 21:56 Uhr »
Hey hey,

@ Lutz:
Bitte korrigier mich wenn ich falsch liege.
Der Verstand kann das UB beeinflussen.
Hypnose ist schaltet den Kritischefaktor aus bzw. herunter so habe ich es gelernt.
Wenn man nun eine Geschichte wie z.B. Nemo hört, kann man sich darein fühlen(zumindest der große teil der Menschen), jedoch verändert es nicht zwangsläufig etwas in uns weil wir Wissen und der Kritischefaktor sagt das kann nicht sein dies schließt nicht aus das wir uns nicht darein fühlen können. Nun will man aber eine Veränderung mit Hypnose erreichen. Dafür sollte es auch dem Bewusstsein als logisch erscheinen so meine ich.
Wenn das Bewusstsein im nachhinein sagt was für ein Scheiß ist das denn und dann noch Gefühle mit hineinspielen, spielt dies sehr wohl eine Rolle so glaube ich.

Offline mipooh

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Männlich
Durch lesen in Trance?
« Antwort #4 am: 07. Nov 2012, 23:20 Uhr »
Der Verstand ist doch nur die Spitze des Eisbergs UB. Nicht etwas ganz anderes.

Wenn also eins das andere beeinflusst, dann ist es das UB selbst, das mit sich selbst durch den Verstand hindurch Kontakt aufnimmt. Stichwort Selbstreflektion, Selbsterfahrung. Auch ein kritischer Faktor kommt aus dem UB, ihn auszuschalten ist nur notwendig, wenn er bei etwas stört...  ;) Bzw. glauben manche, auch Hypnotiseure, dass da ein kritisches Bewusstsein stört und ausgeschaltet werden müsse. So ganz korrekt finde ich diese Vorstellung nicht.

Es geht doch darum Potentialen zur Verwirklichung zu verhelfen. Dabei ist es schon irgendwie nötig, diese Potentiale so deutlich wie möglich werden zu lassen. Ob mit oder ohne gedankliche Auseinandersetzung mit einem Thema, das ist oft unerheblich, vielleicht ist das eher gemeint. Denn manchmal ist es ganz sinnvoll, Gefühle zu produzieren, die bei Abwägung der Lebensumstände auf den ersten Blick unangebracht erscheinen können. Hier wird man als Hypnotiseur im Zweifelsfall eine Gelegenheit schaffen, aus den üblichen Kontrollmustern mal auszusteigen. Natürlich um eine neue Perspektive zu gewinnen. Kontrolletti kommt zurück, vielleicht gereift...

Fühlst Du Dich irgendwo hinein, dann hat Dich das bereits verändert, Du lebst da etwas mit und die Figuren sind völlig unerheblich. Ob das nun ein Nemo ist oder eine Geierwally oder Deine Frau, was Du fühlst fühlst Du und das bewirkt etwas. Eine Bewertung im Verstand ist ziemlich unerheblich, wesentlicher ist die Frage inwieweit auf der Fühlebene ein Zugang da ist oder nicht.

Wir glauben viel zu sehr an Verstand. Der ist allein für sich genommen nicht intelligenter als ein Computer. Aber auch genauso harmlos...
Gewohnheiten brauchen Gewöhnung...

Offline Yakuzza

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 52
Durch lesen in Trance?
« Antwort #5 am: 08. Nov 2012, 00:10 Uhr »
@ Lutz

Warum gibt es Menschen, die sich schwer tun in Trance zu gehen?

Ich denke, wenn der Hypnotiseur sagt, dein Arm wird schwer - blei schwer und der Verstand des zu Hypnotisierenden sagt, so ein Quatsch, der Arm wird nicht schwer, wird die Person arg zu kämpfen haben, das sie das Gefühl bekommt das er doch schwer wird, oder liege ich hier falsch?

Je weniger sich der Wachverstand einschaltet, desto besser verlaufen die Settings, oder hab ich all die Jahre nur glück gehabt, das sich die Klienten dennoch in mittlere bis tiefe Trance begeben haben?! Ich vertrete sowie so die Meinung, jede Hypnose ist immer eine Selbsthypnose, deshalb ist es auch meiner Meinung falsch, wenn Klienten zu mir sagen, hm ich weis nicht, ich habe Probleme bei der Selbsthypnose, jedoch wenn sie es machen, kann ich in Trance gehen. Die Menschen können sehr wohl in Trance gehen, nur das Gefühl, geführt zu werden anstatt alles selber zu machen ist anders, denn wenn der Hypnotiseur sagt und nun stell dir bitte eine Blumenwiese vor, denken sie,  das es selber nicht klappt, dabei machen sie es immer selber. Sobald ich die Klienten darüber Aufkläre, das jede Hypnose eine Selbsthypnose ist, klappt deren Versuche fast immer.

ABER, ich spreche hier nicht, das der Wachverstand komplett weg ist, er mischt sich nur nicht ein und das fördert jede Therapie, so meine Meinung :-)

Man muss auch unterscheiden, arbeite ich direkt mit dem Klienten (einzel Person) oder spreche ich zu 50, da sind gewalltige Unterschiede, genauso bei der MP3, ich kenne ja mein gegenüber nicht, also sehe ich wender Atmung noch Gesichtszüge usw. VAKOG fehlt komplett und da wird es schwer, nutzbringende Geschichten zu verarbeiten, die eine breite Masse ansprechen könnten.

Vielleicht habe ich mich nun verständlicher ausgedrückt, wenn nicht - sorry!

Have more fun
Yakuzza

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.019
  • Geschlecht: Männlich
Durch lesen in Trance?
« Antwort #6 am: 08. Nov 2012, 01:21 Uhr »
@ Daniel:

Zitat
Der Verstand kann das UB beeinflussen.

In Ergänzung zu dem, was mipooh schrieb, und wenn wir mal Verstand hier mit "bewussten Prozessen" gleichsetzen:
Der Verstand ist ja keine von unbewussten Prozessen losgelöste Instanz unseres Gehirns, die unabhängig von unbewussten Prozessen arbeitet und daher auf diese Einfluss nehmen könnte. Im Gegenteil arbeitet der Verstand immer nur auf Basis der ihm "zuarbeitenden" unbewussten Prozesse.

Beispiel: Jemand liest hier eine Behauptung von mir und denkt spontan: "Was ist das denn für ein Quatsch!" In Windeseile hat sein Unbewusstes beim Lesen eine gefühlte Abneigung entwickelt, die nun erst langsam beim Schreiben einer Entgegnung "in Worte gegossen" wird. Dazu fällt dem Erwiderer die eine oder andere Argumentationslinie ein, ihm fallen diese oder jene Worte ein und vielleicht fällt ihm auch noch ein Zitat aus einem Buch ein usw. Ich habe jetzt absichtlich mehrfach von "fällt...ein" gesprochen, denn das ist nichts anderes als eine umgangssprachliche Bezeichnung dafür, dass das Unbewusste dem Verstand etwas zur Verfügung stellt. Es "fühlt sich so an", als habe man ausschließlich mit seinem Verstand gearbeitet, aber das ist ein Trugschluss; im Hintergrund haben unbewusste Prozesse (fast) die ganze Arbeit gemacht.

Und diese unbewussten Prozesse stellen dem Vestand nur zur Verfügung, was dieser (über-) denken darf; wenn unbewusste Prozesse nicht wollen, dass der Verstand etwas bestimmtes (be-) denkt, dann nimmt es ihm schon die Möglichkeit dazu. Beispiel: Zeigt man einer schlanken Magersüchtigen ein Foto von sich, wie sie neben Normalgewichtigen steht, so wird sie mit ihrem Verstand denken und also behaupten, sie sei die Dickste auf dem Foto.

Daher macht deine oben zitierte Aussage, die ja eine Trennung zwischen UB und Verstand voraussetzt, so keinen Sinn. Dennoch ist der Verstand nicht nutzlos. Er kann durchaus Überlegungen und Abwägungen anstellen, zu denen unbewusste Prozesse nicht in der Lage sind, dafür haben wir den Verstand ja. Aber was mit den Ergebnissen dieser Überlegungen angestellt wird, entscheiden wieder allein unbewusste Prozesse, der Verstand hat nur "beratende Funktion", wie es mal jemand treffend ausdrückte.

Fazit bis dahin: Unbewusste Prozesse beeinflussen den Verstand ständig, der Verstand hingegen darf höchstens mal "Piep" sagen aber, nichts entscheiden.

Zitat
Hypnose ist schaltet den Kritischefaktor aus bzw. herunter so habe ich es gelernt.

Jein. Man hat festgestellt, dass "handlungsplanende Areale im präfrontralen Kortex" (also vorne in der Birne) in Trance in ihrer Funktion offenbar gehemmt sind. Dies könnte z.B. dafür verantwortlich sein, dass ein an sich sehr nüchterner, esoterikferner Mensch bei einer Hypnose vielleicht keine Einwände hat, gedanklich als Elfe über eine wunnnnnderschöne Blumenwiese zu schweben oder auch mal bei an sich undenkbaren Vorstellungen mitzumachen und so zu tun, als ob.
Wenn man aber das Zitierte so fortsetzt, wie es mitunter geschieht, nämlich "... um an das Unbewusste heranzukommen", dann stimmt das nicht. Ans UB kommt man immer ran, das hat 24/7 geöffnet.

Zitat
Nun will man aber eine Veränderung mit Hypnose erreichen. Dafür sollte es auch dem Bewusstsein als logisch erscheinen so meine ich.

Kann, muss aber nicht. In der Beratung ist es sogar meist so, dass angefangen von der Hypnose bis hin zu einer eingetretenden Veränderung Leute überhaupt nicht verstehen und nachvollziehen können, was da denn wie und warum passiert (ist). "Wieso muss ich plötzlich keine Süßigkeiten mehr essen? Versteh ich nicht...".  :)

Zitat
Wenn das Bewusstsein im nachhinein sagt was für ein Scheiß ist das denn und dann noch Gefühle mit hineinspielen, spielt dies sehr wohl eine Rolle so glaube ich.

Ja, aber wenn man "bewusst" so darüber denkt, dann deshalb, weil zuvor unbewusste Prozesse dies denken und entsprechende Gefühle entstehen ließen (s.o.); das wäre dann hinderlich. Wäre es tatsächlich "nur" das Bewusste, wäre es wurscht.

@ Yakuzza:

Zitat
Warum gibt es Menschen, die sich schwer tun in Trance zu gehen?

Dafür gibt es ja nun zahllose denkbare Gründe: der Hypnotiseur ist unsympathisch, man denkt (fälschlich), dass nur schlichte Gemüter in Trance gehen können, man hat mit (falsch unterstellter) "Esoterik" nichts am Hut, man möchte nichts "ausplaudern", man möchte nicht "ausgeliefert sein", man möchte nicht wie bei der Showhypnose als Vollhorst dastehen, ...

Interessanter und zum Thema passender ist doch aber gerade der umgekehrte Fall: Wieviele Leute meinen "verstandesmäßig", dass es bei ihnen nicht funktionieren kann und wird, und dann klappt es trotzdem wunderbar.

Zitat
Je weniger sich der Wachverstand einschaltet, desto besser verlaufen die Settings, oder hab ich all die Jahre nur glück gehabt, das sich die Klienten dennoch in mittlere bis tiefe Trance begeben haben?!

Wachverstand und Trance schließen sich doch nicht aus. Man kan sich ja durchaus mit Hypnotisierten unterhalten, sie können Auto fahren, komplexe Aufgaben erledigen, sportliche Höchstleistungen erbringen usw.

Zitat
ABER, ich spreche hier nicht, das der Wachverstand komplett weg ist, er mischt sich nur nicht ein und das fördert jede Therapie, so meine Meinung :-)

Das würde ich so pauschal für mich nicht sagen, sondern vom Einzelfall abhängig machen. Oft "brauche" ich den "wachen Verstand", z.B. bei einer Handlevitation. Der Klient soll sich das ansehen und soll sagen und denken: "Was ist das denn? Wieso steht denn mein Arm da so in der Luft?" Denn nur so kann ihm deutlich werden, dass es eben mehr gibt als das, was er bisher so verstandesmäßig gedacht hat - nämlich z.B. auch eine Lösung für sein Problem.

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Männlich
Durch lesen in Trance?
« Antwort #7 am: 08. Nov 2012, 08:37 Uhr »
Irgendwie finde ich die Diskussion ein wenig witzig...
Da unterhalten sich Menschen mit Verstand über denselben und inwieweit der dann am Ende doch noch nützlich sei oder inwieweit man den besser ruhigstellt um ausgedachte Ergebnisse zu forcieren.

Ich sehe das so. Der ist da und das ist mein Handlungrahmen, der für mich erkennbare und auch wiederholt reflektierbare Teil meines Seins. Darüberhinaus kann ich in meinem verstandesmäßigen Verständnis von "ich" nicht, also richte ich mich da gemütlich ein und bilde mir ein ich sei mein Verdienst...

Tatsächlich besteht aber gar kein festzumachendes ich, sondern da ist lediglich der Handlungsrahmen mit dem ich mich in Ermangelung der Zugriffsmöglichkeit auf die eigentliche Ursache meines Seins, also auch der meines verstandlichen Seins, zu identifizieren gelernt habe. Wie fatal das sein kann bemerke ich spätestens, wenn "die großen Lebensfragen" aufkommen.
Denn obwohl "ich" mein Handlungsrahmen ist muss ich erkennen, dass auch "ich" ziemlich sicher begrenzt ist. Es muss eine Zeit davor gegeben haben und eine Zeit danach ist auch wahrscheinlich...
Für einen Alleinherrscher eine ganz üble Erkenntnis...

Aber die kann man in der Regel gut genug verdrängen um sich dann eben doch immer wieder für den Macher zu halten.

Bis hierher hat das nun mit Trance und Hypnose noch gar nicht viel zu tun. Relevant wird das erst, wenn sich dann Hypnotiseure darüber unterhalten, wie man denn wohl am besten den Zugang zur Quelle des Seins erhalten kann und ob man dazu den Handlungsrahmen beseitigen oder ruhigstellen muss.
Wie ich finde, eine etwas unglückliche Ausdrucksweise, denn letztlich kann ja die Person nicht unbeteiligt sein an ihren eigenen Veränderungen. Genausowenig wie sie sich erklären kann woher sie kommt wird sie allerdings wissen, woher sie denn nun als veränderte Person kommt.
Was passiert denn nun eigentlich mit der Trance? Der gewohnte Handlungsrahmen wird (mehr oder weniger) bereitwillig erweitert weil ein Klient feststellt, dass der zu eng geworden ist. Irgendetwas läuft falsch, es gibt Beschwerden. Diese bereitwillige Erweiterung des Handlungsrahmens bedingt, dass Kontrolletti nicht bestimmt wo der endet, im besten Fall sogar erkennt, dass seine Kreativität nicht existieren kann solange der Handlungsrahmen nicht irgendwo offen ist.
Es gibt noch sowas wie eine Ahnung davon, dass es da noch mehr gibt. Mehr ist es oft nicht, was den Menschen u.a. zum Hypnotiseur treibt.
Der Hypnotiseur oder Schamane oder Priester oder Psychotherapeut oder Guru soll nun behilflich sein, die Öffnung des Handlungsrahmens zu identifizieren und zugänglich zu machen, so dass es wieder zur Nutzung kreativer Potentiale kommt um den zu eng gewordenen Handlungsrahmen von seinen katastrophalen Auswirkungen auf den Gesamtkomplex Mensch zu befreien. Also quasi von einer Enge, die durch den Glauben an eine zu starre Form des Ich, des Handlungsrahmens entstanden ist. Sicher in dem guten Willen, doch endlich mal einen Standpunkt zu haben...  ;D

Alles was der Mensch dazu lernen muss ist, sich in Trance zu begeben. Und zwar möglichst so, dass ihm Trance wieder den Weg zur Quelle eröffnet und zwar immer dann, wenn ihm danach ist. Er als der vermeintliche Herrscher in seinem Reich braucht Gelegenheit, seine eigentliche Funktion zu erkennen als der Nutznießer eines größeren Seins, an dem er zwar nur vorübergehend, aber doch immerhin jetzt beteiligt ist. Von daher finde ich eine gewisse Beteiligung des Kontrolletti schon wünschenswert.
Man kann sich immer wieder klarmachen, dass das Ich mit seinem Handlungsrahmen durchaus notwendig ist, es aber ohne die Potentiale aus dem Bereich ausserhalb des Handlungsrahmens letztlich immer wieder selbstbeschränkt sein muss.

Nun, was bedeutet das (aus meiner Sicht) für den Hypnotiseur und noch mehr für den therapeutischen Hypnotiseur?
Er ist nunmal der Ansprechpartner eines eingeklemmten Ichs geworden und soll diesem behilflich sein, auf seine eigenen Potentiale zurückgreifen zu dürfen, die es selbst blockiert. Nun hat er die Verantwortung übernommen, den Klienten insoweit zu begleiten. Vielleicht weiss der Hypnotiseur wenigstens wohin die Reise gehen soll, der Klient eher nicht.
Oft weiss das aber nichtmal der Hypnotiseur... und glaubt nun, sich an Trancetiefen, Armlevitationen oder sonstigen Anzeichen orientieren zu müssen, ein konkretes Potential wecken zu müssen um eine erwünschte Veränderung zu ermöglichen und dann den Tatort wieder zu verlassen.

Mag sein, dass dabei der Mensch tatsächlich ein konkretes Problem "verliert", erwachsen geworden ist er dadurch allein aber längst nicht. Er wird wiederkommen, wenn er das nächste Problem hat. Ich überzeichne mal.

Für sinnvoller halte ich es, dem Menschen zu vermitteln, dass er bei Bedarf (also quasi täglich) Zugang zu dem Bereich ausserhalb seines kontrollierten Handlungsrahmens braucht, bekommen kann und nutzen sollte. Die Tiefe sollte er mE selbst bestimmen können (tut sein UB sowieso, egal wie geschickt oder ungeschickt ein Hypnotiseur den Rahmen sprengt oder sachte öffnet, Stichwort Induktion und "gesteuerter" Tranceverlauf), und zwar dadurch dass er lernt Trance als Bestandteil seines Lebens zu erkennen und bewusst zu erleben.

Dass dabei der Oberpolizist Kontrolletti Pausen machen darf, zum Beobachter umfunktioniert wird, zumindest für Zeiten des tieferen Vordringens in die Gefühlswelt, das ist sicher fraglos. Ausgeschaltet werden sollte er nicht, denn er wird auch das neu gelernte assimilieren (wollen und müssen) um seinen Handlungsrahmen (sich selbst) zu erweitern.
Das passiert natürlich automatisch und das dürfte eines der großen Hindernisse sein. Der vermeintliche Macher mag nicht von allein existieren, er möchte sich vorgaukeln, er selbst habe sich geschaffen. (Das vermeintliche Selbstbewusstsein, das einer Arroganz näher ist als dem wirklichen Selbstbewusstsein, was ja nicht mehr oder weniger ist als das sich selbst ganzheitlich erleben zu können und das als Basis des Ichs zu begreifen.)

Es bleibt also nicht aus, dass der einzelne Mensch erkennt, dass er nicht unabhängig ist und dass seine Potentiale größer sind als alles was er jemals über sich wissen wird. Anders gesagt, ich halte nichts von konkreten Problemlösungen solange nicht eine ganzheitliche Problemlösung erfolgt. Und die besteht mE darin, dass der Mensch erwachsen genug wird wieder zu fühlen was ihn bewegt und dem zu vertrauen. (Das Ich oder der Handlungsspielraum ist es jedenfalls nicht...)

Stark eingeklemmte Ichs werden immer wieder mal Hilfe suchen und voraussichtlich gehört es zum Leben, irgendwann mal beklommen genug zu sein (in einem begrenzten Ich gefangen zu sein) um zu bemerken, dass diese Enge unerträglich ist. Arbeit gibt´s genug... aber bitte (wieder meine persönliche Einstellung) mit Blick aufs Ganze und mit einer gewissen Bescheidenheit im Hinblick auf den eigenen Handlungsspielraum, der ja prinzipbedingt ebenso begrenzt ist wie der jedes anderen Menschen.
Gewohnheiten brauchen Gewöhnung...

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.019
  • Geschlecht: Männlich
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #8 am: 08. Nov 2012, 11:43 Uhr »
Hallo mipooh,

es wird immer unübersichtlicher.  :)
Yakuzza sprach erst vom "Verstand", dann vom "Bewusstsein", ich von "bewussten Prozessen", Daniel sprach u.a. vom "Kritischen Faktor" und du führst nun noch die Begriffe "Ich", "Kontroletti" und "Oberpolizist" ein.  :)

Zitat
Wie ich finde, eine etwas unglückliche Ausdrucksweise, denn letztlich kann ja die Person nicht unbeteiligt sein an ihren eigenen Veränderungen.

Ja. Aber "Hypnotiseur" darf sich ja jeder und alles schimpfen (so wie ich auch), und daher gibt es tatsächlich welche, die sich der Illusion hingeben, allein sie würden eine Veränderung im Klienten bewirken, indem sie das "Bewusste" ausschalten und dann das Unbewusste mal eben umprogrammierten.

Zitat
Für sinnvoller halte ich es, dem Menschen zu vermitteln, dass er bei Bedarf (also quasi täglich) Zugang zu dem Bereich ausserhalb seines kontrollierten Handlungsrahmens braucht, bekommen kann und nutzen sollte.

Ja. Wenn irgend möglich, versuche ich den Klienten nach einer erfolgreichen Sitzung mitzugeben, dass SIE die Änderung "gemacht" haben, nicht etwa die Hypnose oder gar ich. In Abwandlung eines Obama-Zitats: "Yes, YOU can!"  ;)

Zitat
Anders gesagt, ich halte nichts von konkreten Problemlösungen solange nicht eine ganzheitliche Problemlösung erfolgt. Und die besteht mE darin, dass der Mensch erwachsen genug wird wieder zu fühlen was ihn bewegt und dem zu vertrauen.

Mitunter ist auch das genaue Gegenteil gefragt, seinen eigenen Gefühlen eben zu misstrauen. Wer sich selbst für "schlecht", "minderwertig" oder eben "scheiße" hält, fühlt das ja ganz authentisch und lebt dementsprechend danach. Der kann übrigens ein gutes Beispiel dafür sein, dass man (auch) gut mit den "Verstandesanteilen" arbeiten kann und wohl sollte, denn auf Verstandesebene wissen diese Menschen, dass das Quatsch ist, aber es fühlt sich trotzdem stimmig an...

Zitat
aber bitte (...) mit Blick aufs Ganze und mit einer gewissen Bescheidenheit im Hinblick auf den eigenen Handlungsspielraum, der ja prinzipbedingt ebenso begrenzt ist wie der jedes anderen Menschen.

Ähm - erwähnte ich schon mal die "Heilschlaf-Hypnose"?  :)

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Männlich
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #9 am: 08. Nov 2012, 12:09 Uhr »
Du hast recht, Lutz. Noch mehr Begriffe können einen Sachverhalt unübersichtlicher erscheinen lassen. Andererseits geht es um Aspekte einer Sache, die umfassend gar nicht benannt werden kann. Weil sie nicht so starr ist wie Sprache bzw Begriffe...
Und ja, Du erwähntest Heilschlaf-Hypnose mindestens so oft wie ich Leerhypnose, was immer sich hinter beidem "verbirgt"... ;)
Freut mich immer, so gut verstanden zu werden.

Leise Zweifel beschleichen mich hier:
Zitat
Wer sich selbst für "schlecht", "minderwertig" oder eben "scheiße" hält, fühlt das ja ganz authentisch
Entweder stimmt das nicht mit meinem Begriff authentisch überein oder mit meinem Begriff fühlen. Ich gehe davon aus, dass jemand der authentisch ist und auch noch fühlt keinerlei nicht zu bewältigende Probleme hat. Mal abgesehen davon, dass dieser Zustand nicht automatisch jede Schwierigkeit im Leben bereits gelöst hat bevor man mit ihr umgegangen ist...  ;D
Gewohnheiten brauchen Gewöhnung...

Offline Yakuzza

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 52
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #10 am: 08. Nov 2012, 12:16 Uhr »
Zitat
Ja. Aber "Hypnotiseur" darf sich ja jeder und alles schimpfen (so wie ich auch), und daher gibt es tatsächlich welche, die sich der Illusion hingeben, allein sie würden eine Veränderung im Klienten bewirken, indem sie das "Bewusste" ausschalten und dann das Unbewusste mal eben umprogrammierten.

Ich hoffe das Du da nicht mich unterschwelligst damit meinst. Denn auch ich vertrete diese Meinung, das nur der Klient eine Veränderung herbei führt und wir Therapeuten zeigen Möglichkeiten und Wege auf, die entweder angenommen werden oder auch nicht.  ;D

Abmerkend: Ich denke, es liegt daran das ich geschrieben habe ich schalte den Verstand aus, besser wäre es ausgedrückt, ich umgehe den Verstand, da habe ich Mist geschrieben!

Have more fun
Yakuzza

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.019
  • Geschlecht: Männlich
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #11 am: 08. Nov 2012, 12:49 Uhr »
@ mipooh:

Zitat
Zitat
Wer sich selbst für "schlecht", "minderwertig" oder eben "scheiße" hält, fühlt das ja ganz authentisch
Entweder stimmt das nicht mit meinem Begriff authentisch überein oder mit meinem Begriff fühlen. Ich gehe davon aus, dass jemand der authentisch ist und auch noch fühlt keinerlei nicht zu bewältigende Probleme hat.

Ich wollte damit nicht thematisieren, ob jemand authentisch ist. Es ging mir dabei nur um die "Qualität" seiner Gefühle, die als subjektiv "wahr" empfunden werden, "authentisch" eben als Adverb. So wie ein Spinnenphobiker eine Spinne ganz "real" als subjektive Bedrohung empfindet (obwohl sie das nicht ist und er das auch weiß).

@ Yakuzza:

Zitat
Ich hoffe das Du da nicht mich unterschwelligst damit meinst.

Nein. :) Ich dachte dabei an Verlautbarungen außerhalb dieses Forums hier.

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Männlich
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #12 am: 08. Nov 2012, 14:10 Uhr »
Zitat
besser wäre es ausgedrückt, ich umgehe den Verstand
Es ist eigentlich gar nicht der (ganze) Verstand, was da umgangen wird. Es werden lediglich Widerstände durch eingeschliffene Abwehrmuster vermieden, indem man dem Klienten erlaubt, sich einfach mal gehenzulassen und auf neues Erleben einzulassen. Der Verstand oder das übliche Ichempfinden nimmt währenddessen eine weitgehend reine Beobachterrolle ein.
Das ist im Grunde völlig unverfänglich, denn wenn immer er will, darf er ja abwehren was immer er will.

Du konfrontierst nicht sondern begleitest aktiv.

Die verbreiteten Ausdrucksweisen, die wir gerade so säuberlich analysieren, erwecken leicht einen Eindruck von Manipulation, etwas was wir (eigentlich wohl alle) weder gutheißen noch für irgendwie sinnvoll erachten. Macht Sinn, sich der Gefahr von Mißverständnis bewusst zu werden und klarzustellen, was es wirklich ist.
Gewohnheiten brauchen Gewöhnung...

Offline Tom

  • NLP-Master
  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 478
  • Geschlecht: Männlich
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #13 am: 08. Nov 2012, 14:52 Uhr »
Hi-löchen,

ich werde mich hier nur bedingt einmischen, da schon sehr viele Worte zu diesem eigentlich Thema, nämlich die Beziehung von bewusst zu unbewusst geschrieben wurden.

Ich denke dass eine "objektive" Abgrenzung beider Begriffe selbstverständlich so weit entfernt ist, wie zur nächsten Galaxie.

Was soll denn der Fisch (das Bewusstsein?) für objektive Aussagen über das Wasser (Unbewusstes?) machen. Wie soll der Gliedermaßstab sich selber messen? Und wer hat eigentlich bestimmt, dass ein Meter, genau ein Meter sein muss.

Vielleicht helfen Metaphern da weiter, wo es keine Allgemeingültigkeit gibt. Gunther Schmidt benutzte einmal die Metapher eines Luftballons. Im Inner scheint es grundsätzlich dunkel zu sein und eine in der Mitte positionierte Taschenlampe kann mit ihrem Schein lediglich einen kleinen Ausschnitt auf einmal sichtbar machen. Die Taschenlampe steht dann für eher bewusste Prozesse. Ja,ja, aber wer bewegt die Taschenlampe.

Ich befürchte mit den Begriffen bewusst und unbewusst ist es wie mit vielem: diese Trennung ist künstlich, genau wie alle Dualismen: Körper und Geist, Gut und Böse, Licht und Dunkel, Arsch und Eimer.

Dennoch sträuben sich mir immer wieder die Nackenhaare wenn ich Formulierungen wie "das Bewusste umgehen oder ausschalten müssen, höre. Dies impliziert von vornherein ein Machtgefälle, und auch wenn jemand glaubt letztendlich "Hilfe zur Selbsthilfe" zu geben.

"Wir schicken unsere Soldaten auf eine friedliche Mission, aber es könnte sein, dass wir Waffengewalt anwenden müssen!" "Wir wollen diese Wand gelb anmalen, aber es könnte notwendig sein, blaue Farbe zu verwenden!"

Ich muss ich meiner Arbeit gar nichts umgehen. Weder Widerstand, noch bewusste Prozesse. Die "Heilung" liegt meines Erachtens darin, Kooperation, Akzeptanz und Versöhnung zwischen den "Instanzen" (m)eines Klienten zu fördern und anzuregen, welche dieser in sich annimmt, von denen er denkt, dass diese in ihm sind.

greetz

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.019
  • Geschlecht: Männlich
Re: Bewusste Prozesse in Trance "ausschalten"?
« Antwort #14 am: 09. Nov 2012, 03:27 Uhr »
Hi Tom,

Zitat
Ich denke dass eine "objektive" Abgrenzung beider Begriffe [Anmerkung von Lutz: bewusst und unbewusst] selbstverständlich so weit entfernt ist, wie zur nächsten Galaxie.
...
Ich befürchte mit den Begriffen bewusst und unbewusst ist es wie mit vielem: diese Trennung ist künstlich, genau wie alle Dualismen
...
Dennoch sträuben sich mir immer wieder die Nackenhaare wenn ich Formulierungen wie "das Bewusste umgehen oder ausschalten müssen, höre.
...
Ich muss ich meiner Arbeit gar nichts umgehen. Weder Widerstand, noch bewusste Prozesse.

Na lass all das mal nicht Erickson selig hören! :)
Denn für ihn war es bekanntermaßen essentielle und tragende Säule seines hypnotherapeutischen Vorgehens und Konzepts, nicht nur eine dezidierte Trennung zwischen bewussten und unbewussten Prozessen zu deklarieren, sondern auch unter Umgehung bewusster Beschränkungen Kreativität und Wissen unbewusster Vorgänge zu fördern und zur Durchsetzung zu verhelfen. Aber allein deswegen muss man sich dem natürlich nicht anschließen - who the fuck is Erickson?

Andererseits - derjenige, der eine Differenzierung zwischen bewusst und unbewusst in sein beratendes/therapeutisches Handeln einfließen lässt, befindet sich in so schlechter Gesellschaft nicht.  ;)

Lieben Gruß
Lutz

 

Impressum

Diese Seiten werden zur Verfügung gestellt von
Lutz Wolters | HYPNOSE-BERGHEIM * Carl-Bosch-Str. 21 * 50126 Bergheim
Email: Lutz [at] hypnose-service.de * Tel.: 02271/992403
www.hypnose-bergheim.de